Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Großfloſſer: Gefangenlebeu. Nahrung. Fortpflanzung. 187

um ihr ſeine Liebe zu erklären, und oft ahmt dann auch das Weibchen die zitternden Bewegungen nah. Will letzteres niht in dieſer Weiſe ſpielen, ſo nimmt es, ſobald es das Männchen auf ſi< zukommen ſieht, eine ziemlih ſenkrehte Stellung an, dreht ſih einigemal um ſi< ſelber, währenddem das Männchen es zu umſhwimmen pflegt, und neigt ſi dabei meiſt ſtark nach einer Seite. Dies kann ſo weit gehen, daß es, wie eine Flundex, vollſtändig auf der einen Seite ſ{<wimmt.

„Etwa 3 Wochen nah Ankunft der Fiſche wurde der Leib des Weibchens ſtärker, und das Männchen ging nun ans Werk, um das Neſt zu errihten. Zu dieſem Zwe>e kommt es an die Oberfläche, nimmt das Maul voll Luft und ſtößt dieſe dann in kleinen, von einem Speichelhäuthen umgebenen Blaſen unter Waſſer wieder aus, wodur<h ſih eine ziemlih feſt zuſammenhängende Schicht ſolcher Blaſen bildet, die oft dur<h neue ergänzt wird. Mein Männchen ſtand nun gewöhnlih unter dieſer Luftblaſenſchicht in der einen Ee des Beckens, das Weibchen in der gerade entgegengeſeßten; beide aber kamen zum Spielen nah der von Pflanzen freien Mitte.

„Meine Hoffnung, die Fiſche nunmehr bald laichen zu ſehen, erfüllte ſi<h zunächſt leider niht; denn eines Morgens fand ih, daß das Männchen den ziemlih hohen Rand des Beens überſprungen hatte und tot am Boden lag. Jh verſchrieb mir daher ein anderes Männchen, konnte jedo< nur ein Paar erhalten und ſecbte beide neuen Ankömmlinge zu der Witwe.“ Nach kurzer Zeit hatten ſich die Fiſche ſo eingerichtet, daß die beiden Weibchen gerade entgegengeſeßte Een bewohnten und das Männchen bald in der einen, bald in der anderen E>e zu Gaſte war. Beide Weibchen vertrugen ſih übrigens ganz gut, ſpielten ſogar manchmal, genau ſo wie Paare, in der beliebten Gegenfüßlerſtellung unter Floſſenſpreizen und Zittern.

„An einem der nächſten Tage erſchien das Männchen ſehr aufgeregt, kam fortwährend an die Oberfläche, nahm Luft ins Maul, ſtieß ſie unter Waſſer in maſſenhaften Perlen teils dur< den Mund, teils dur< die Kiemenöffnungen wieder aus, ſhwamm währenddem lebhaft und ru>weiſe umher und richtete beim Stehenbleiben jedesmal die Bauchfloſſen ſteil auf. Das eine mit ihm ins Be>ken geſeßte Weibchen benahm ſi< in derſelben Weiſe. Nachdem ſie eine Weile einander ſo umſpielt hatten, fuhr das Männchen plöglih auf das Weibchen zu; beide öffneten das Maul und paten je eins eine Lippe des anderen mit den Kiefern. So ſ{wammen ſie unter lebhaften Shwenkungen mit den Schwänzen, bald mehr auf die linke, bald mehr auf die rehte Seite ſi<h drehend, 10—40 Sekunden lang feſt verbunden im Be>ken umher. Dasſelbe Spiel wiederholte ſih während der beiden nächſten Tage außerordentlih häufig. Bald faßte das Männchen, bald das Weibchen die Oberlippe des anderen Teiles, und wenn ſie ſi<h einmal feſt gepa>t hatten, ließen ſie ſelten vor Ablauf der angegebenen Zeit los. Jhr Spiel wurde mit ſolcher Heftigkeit betrieben, daß beiden Spielern die Oberhautfeßzen um das Maul hingen und das Männchen mehrere Tage lang eine fleine Dberhautwucherung auf der Oberlippe trug. Jh konnte dieſe Handlung nur als ein Küſſen von ganz beſonderer Fnnigkeit anſehen und war daher einigermaßen verwundert, zu erfahren, daß es ſi<h ſpäter, eine Neihe von Monaten hindurch, niht wiederholte, obgleih die Tiere nah wie vor im beſten Zuſtande waren.

„Fm Verlaufe der Zeit änderten die Weibchen ihr Betragen. Sie wurden ſo unverträglich, daß i< das minder fräftige abſondern mußte, um Raufereien, die zerriſſene, freilich auch bald wieder heilende Floſſen und Schwänze zur Folge hatte, zu vermeiden, Anfänglich verſuchte ih, die Abſperrung durch eine in das Becken eingeſ<hobene trennende Glaswand zu bewirken; beide Weibchen rannten aber mit ſolcher Wucht gegeneinander und vergaßen über dem Beſtreben, zuſammenzukommen, ſo vollſtändig alles andere, daß ih daran denken mußte, die Glaswand dur< ein vorgehängtes Stück Zeug zu verdunkeln. Bald jedo<