Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Streifenlippfiſ<h. Goldmaid. 199

Angel gehen, wird jedo<h nirgends in großartigem Maßſtabe betrieben; denn das Fleiſ{h ſteht in geringer Achtung und dient den Fiſchern gewöhnlich nur als Köder zum Fange wertvollerer Arten.

Seiner prachtvollen Färbung halber wird der Streifenlippfiſch gern in Gefangenſchaft gehalten, läßt ſi< mit Muſchelfleiſh und Gewürm ernähren, dauert au< in zwe>mäßig eingerihteten Seewaſſerbe>en reht gut aus und vereinigt in ſih überhaupt für die Gefangenhaltung ſo viele Vorzüge wie wenige andere Seefiſhe. Jm hohen Grade feſſelnd wird die Beobachtung ſeines Gebarens während der Fortpflanzungszeit. „Wiewohl dieſer Fiſh“, ſagt unſer alter Freund Gesner, „eine ſonderbare Luſt und Begierd zu vielen Weiblein hat, ſo ſol er doch darinnen ſehr eyfern.“ Das iſt vollkommen richtig: in Sachen der Minne zeigt ſih der Lippfiſh allerdings als „großer Eyfferer“. So friedlih er ſonſt mit ſeinesgleihen lebt, ſo eiferſüchtig und raufluſtig gebärdet er ſih vor und während der Laichzeit. Nicht ohne Kampf mit anderen Bewerbern erwirbt er ſih das Recht auf ein Weibchen, geleitet dieſes fortan getreulich, wohin es ſi<h auh wenden möge, und leuchtet dabei förmlih auf in Pracht und Schönheit. Hat er ſih einmal beſtimmt entſchieden, ſo duldet er feinen Nebenbuhler mehr, fällt vielmehr ingrimmig über jedes nahende Männchen her und ſtreitet mit ihm auf Tod und Leben. Aber während die Liebe ihn verſchönte, verhäßliht ihn die Eiferſucht: angeſichts eines Gegners wird er am ganzen Leibe faſt eintönig grau. Wie immer die Angaben der Alten zuſammenſtellend, berihtet Ges ner weiter, daß der Lippfiſh „auch eine ſonderbare Liebe gegen ſeine Fungen tragen fol, ehe ſie gebohren werden: denn wann das Weiblein oder Röglein anhebt zu ley<hen, ſo verſchliefft es ſih in eine Höle, vor welhem Loch oder Außgang der Milchling ohne Speiß und Tran ſizet und hütet die Jungen zu beſhirmen“. Es iſt keineswegs unglaublich, daß auch dieſe Angaben auf thatſächlihem Grunde beruhen; unſere Beobachtungen an gefangenen Lippfiſchen reihen jedo<h niht aus, um Beſtimmtes ſagen zu können,

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Durch die gedrungenere Geſtalt, gezähnelte Vorderde>el und eine Reihe kegelförmiger Zähne in den Kiefern unterſcheiden ſih die Zahnkiemer (Crenilabrus) von den vorſtehend beſchriebenen Mitgliedern der Familie. Die meiſten Arten ſind klein oder doh nur mittelgroß, aber mit den ſchönſten Farben geziert. Fhre Schuppen und Floſſen wetteifern an Pracht mit den Farben des Regenbogens oder der Metalle, und dieſe Pracht erhöht ſi< no< weſentlih gegen die Fortpflanzungszeit. Außerdem zeigen die Geſchlechter gewöhnlih verſchiedene Färbung. Die Beſtimmung und Begrenzung der Arten hat deshalb beſondere Schwierigkeit iſ au< nur dem am Meere ſelbſt beobahtenden und fiſhenden Forſcher möglich, weil die im Weingeiſte aufbewahrten Zahnkiemer von der früheren Pracht wenig übrig behalten oder doh ihre Farben bedeutend verändern; ja, einige von ihnen erſcheinen nur, während ſie unbeſorgt im Waſſer ſhwimmen, in ihrer vollen Schönheit; gewiſſe Zeichnungen aber erblaſſen ſofort, wenn ſie aus dem Waſſer genommen werden. So beobachteten Fries und Ecſtröm einen dieſex an den ſkandinaviſchen Küſten häufigen Fiſche im Waſſer und bemerkten dann ſtets Fle>enreihen auf Rücken und Seiten; leßtere verſ<hwanden jedo<h bei Beunruhigung des Tieres augenbli>li<h und kehrten erſt wieder, wenn es ſi<h von neuem ſicher fühlte. Außerhalb des Waſſers verlor der Fiſch dieſe Zeichnung gänzlih.

Die Goldmaid (Crenilabrus melops und tinca, Labrus melops, tinca und turdus, Lutjanus melops), ein Fiſh von höchſtens 18 em Länge, ſteht an Pracht,