Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Quappe: Fortpflanzung. Fang. Verwertung. 219

wo es zuvor an den Seitenflähen und dem Rücken eines jeden Fiſches anlag, noch die vertieften Spuren ſeiner vorherigen anhaltenden Preſſung zurügelaſſen, und es konnte mir nun der Gedanke niht entgehen, daß vielleiht der Nugen dieſes merkwürdigen Bandes fein anderer ſei, als jene beiden Öffnungen der Fiſche genau zu vereinigen und aufeinander zu drücen. Das Band war offenbar eine ganze, unzerriſſene Haut, durch kein ſinnliches Merkmal, die größere Dicke ausgenommen, von der Haut dieſer Fiſche ſelbſt verſchieden, mit glatten, abgerundeten Rändern, glatter äußerer und innerer Oberfläche. Die äußere Oberfläche war genau von eben dem ſ{hlüpfrig mahenden Schleime überzogen wie die Haut der Fiſche ſelbſt, die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fiſche in Berührung, war weniger gefärbt, aſhgrau und faſt durchſcheinend, ſo daß ih durch ſie die dunkle Farbe der äußeren Fläche zu ſehen glaubte. Die Breite des Bandes mochte ungefähr 2 cm betragen, ſchien übrigens, wie die Dicke, in dem ganzen Umfange überall gleih groß zu ſein. Nirgends war eine Naht oder eine Spur von Vereinigung zweier Enden zu ſehen, welches unfehlbar hätte der Fall ſein müſſen, wenn der Zirkel, den das Band bildete, dur< Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zuſammengeſetzt worden.“ Dieſer Mitteilung fügt Steinbuch, wie von Siebold noh angibt, hinzu, daß aus der Geſhhlechtsöffnung beider Fiſche nah ihrer Trennung ein milchiger Saft ausfloß, er daher vermutete, daß die Fiſche ſih bei der Begattung mit den Vauchfloſſen innig berührt haben und ſi<h dur<h Hautausſ<hwizungen ein gerinnbarer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande geſtaltet. Die Annahme verdient geprüft zu werden, weil auch bei anderen Fiſchen Hautausſ<hwißungen während der Laichzeit beobachtet worden ſind.

Obgleich man beim Rogener gegen 130,000 Eier gezählt hat, iſt doh die Vermehrung der Quappe nicht ſehr bedeutend, weil von den ausgeſhlüpften Jungen der größte Teil von den Alten und anderen Raubfiſchen aufgefreſſen wird. Das Wachstum ſcheint ſehr langſam zu ſein, die Zeugungsfähigkeit erſt mit dem vierten Fahre einzutreten.

Der Fang wird mit dem meiſten Gewinne zur Laichzeit betrieben und zwar mit dem Garne und der Grundſhnur oder mit Reuſen. Zum Ködern benußgt man kleine Fiſche und Krebſe. Über die Güte des Fleiſches iſt man ſehr verſchiedener Anſicht. Fn unſerem Vaterlande rühmt man es hier und verſhmäht es dort, bezahlt es demgemäß verſchieden gut; in England wird es dur<hſ<hnittli<h niht ſonderlih geſhäßt, in der Schweiz dem der meiſten übrigen Süßwaſſerfiſhe vorgezogen. „Die ſo in den flieſſenden Waſſern und Flüſſen gefangen werden“, ſagt der alte Gesner, „haben ein weiſſer und geſünder fleiſch. Jhr Leber iſt ein edle Speiß, welche von den vornehmſten Leuten hoch gehalten wird, und ſoll fſolhe von dem Chriſttag, das iſt vor dem Leyh, beſſer als nah dem Leyh ſeyn, dann ſie zuweilen gewiſſe fle>œen daran bekommen ſollen, welches dieſer fiſhe eigene Krankheit ſeyn ſoll. — Das Mäglin der NRupen, ſol eine herrliche Krafft haben, wider alle Kranckheiten der Mutter der Weiber, inſonderheit ſoll es getrun>en die Nachgeburt gewaltig treiben, au< das Bauchgrimmen ſtillen. — Die Leber pflegt man in einem gläſern Gefäß in einen warmen Ofen, oder Sonnen zu hen>en, welches ein ſchön gelb Del giebt, und ganz nüßlih wider die Finſternuß, fle>en und fell der Augen iſt.“ Db man in gewiſſen Schichten der Bevölkerung noh heutzutage an ſol<he Wunderkraft glaubt, iſt niht mit Beſtimmtheit anzugeben, immerhin aber für möglih zu halten. Aus der Leber wird das Fett, ein vortrefflicher Leberthran, gewonnen und als Arznei gebraucht. Eine höchſt eigentümliche Verwendung einzelner Teile der Quappe lernte Erman in Sibirien kennen. Bei den Burjäten erſezt die Haut der Quappe unſer Fenſterglas, und bei den kawaſchiſchen Jurten ſind Männer und Weiber in Nö>e, Hoſen und Stiefel aus ſolcher Haut gekleidet.

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