Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
298 Dritte Drdnung: Weichfloſſer; fünfte Familie: Flachfiſche.
bede>te Stellen des Meeres. Mehrere Arten, insbeſondere die Flunder und die Zunge, halten ſih gern an Flußmündungen auf; erſtere unternimmt ſogar zuweilen, den Strömen entgegengehend, Reiſen bis weit in das Junere der Länder. Jn den engliſchen Flüſſen, in der unteren Elbe und Weſer, au<h im Rhein bis zur holländiſhen Grenze, kommen Flundern regelmäßig vor; man hat ſie aber au< ſhon zu wiederholten Malen in dem oberen Laufe derſelben Flüſſe, inder Elbe beiſpiel8weiſe no< oberhalb Magdeburgs, im Rhein noh in der Nähe von Mainz und ebenſo in der Moſel und im Main gefangen. So träge nämlich die Flachſiſche zu ſein ſcheinen, ſo gern wandern ſie. Bei der außerordentlichen Häuſigkeit der meiſten Arten achtet man hierauf weniger, als es die Sache verdient, Von dem Heilbutte, einem für die Nordländer ſehr wichtigen Nährfiſhe, weiß man ſchon ſeit langem, daß er ſi<h während des Winters mehr in der Tiefe aufhält und gegen das Frühjahr hin in die Buchten zieht. So erſcheint er im Süden und Weſten Jslands mit dem Kabeljaue im März, wird im April häufiger und verweilt während des ganzen Sommers in der Nähe des Landes; im Norden der Fnfſel hingegen kommt er erſt im Mai, im Oſten niht vox dem Juli an; auch bei den Faröer und in Norwegen beſucht er erſt im Mai und Juni die nahe dem Lande gelegenen Gründe und verſhwindet, wenn die rauhe Jahreszeit eintritt; in der Oſtſee dagegen, insbeſondere in der Kieler Bucht, fängt man ihn in größerer Anzahl nur in den Monaten Oktober, November und Dezember.
Ebenſo wie er erſcheinen und verſhwinden alle übrigen Flachfiſhe, auf die man genauer geachtet hat. So wiſſen die Fiſcher, daß der Steinbutt in der ſüdlichen Nordſee gegen Ende März, in den nördlicher gelegenen Teilen desſelben Meeres etwas ſpäter aus der Tiefe zu den Sandbänken aufſteigt und mit Eintritt der heißen Witterung wieder nach der Tiefe zurückzieht. Ebenſo iſt bekannt, daß der Glattbutt auf den Watten an der Elbküſte vom April, an denen der Weſermündung vom Mai bis zum Funi, im Greifs-
walder Bodden dagegen vom - Mai bis zum Auguſt am häufigſten auftritt. Erfahrene *
Fiſcher. haben ferner erkundet, daß der Goldbutt, der in Bezug auf ſeine Wanderungen ebenſowohl Winter- und Sommerbutt wie Scholle und Maiſcholle genannt wird, niht allein zu gewiſſen Zeiten ſh auf wohl überwachten Fangpläßen einſtellt und wieder entfernt, ſondern auh während ſeines Aufenthaltes auf höher gelegenen Sandbänken no< beſondere Streifzüge unternimmt. Jh will unentſchieden laſſen, ob eine dem Fiſchermeiſter Hinkelmann von einem alten Schiffer gegebene Mitteilung vollklommen richtig iſt, wona<h der Seemann einmal einen ganzen Tag über Züge ‘von Butten geſehen haben will, die ſo diht ſhwammen, daß man den Grund des klaren Seewaſſers nicht mehr zu erkennen vermochte; wohl aber halte ih die Beobahtungen der Fiſcher über das regelmäßige Erſcheinen und Verſchwinden des Goldbuttes für zutreffend und habe keine Urſache, an einer anderweitigen Angabe des eben genannten Fiſchermeiſters zu zweifeln, daß der Butt auch im Sommer von einer Stelle zur anderen „fliege“ oder ziehe, derart, daß man heute da nüx wenige fängt, wo er geſtern alle Nebe füllte. Um Beſtimmtes zu geben, will ih, auf Witt macs Zuſammenſtellung verſchiedener Berichte mih ſtüßend , ſagen, daß der Goldbutt bei Büſum als ſogenannte Wattſcholle im November und Dezember häufiger vorfommt, als ſogenannte Seeſcholle ſih aber erſt im Sommer einſtellt, ebenſo wie er in der Flensburger Föhrde im Februar und März, in der Kieler But vom Mai bis zum Auguſt, bei Stralſund vom Februar bis April ſeinen Aufenthalt nimmt, obwohl er einzeln auch in anderen Monaten des Jahres gefangen wird. Hinkelmanns Erfahrungen zufolge trifft der Winterbutt in den Oſtſeebuchten bei Flensburg alljährlih im November ein und verweilt hier nunmehr bis zum Sommer, um welche Zeit er allgema<h wieder verſchwindet, alſo wohl nach tieferen Stellen der See zurückkehrt. So wie er kommt und geht die Flunder, ebenſo die Zunge. Jnwiefern die Fortpflanzung auf dieſe Wanderungen Einfluß