Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, page 308

270 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.

Nur dur<h wenige Arten ſind die Knorpelmäuler (Chondrostoma) vertreten. Jhre wichtigſten Kennzeichen ſind die knorpelige Bede>ung des Unterkiefers, der durch ſie in eine Schneide ausläuft, und die bald mehr, bald weniger verlängerte Oberſchnauze, die unterſtändige, querliegende, mit ſcharfkantigen, hornartigen Kieferrändern umgebene Mundſpalte und die in einfache Reihe geordneten, zu 5, 6 oder 7 geſtellten Shlundzähne, mit ſeitlih ſehr ſtark zuſammengedrüten, langen Kronen, die auf einer Seite der Länge nah abgeſchliffen werden.

Naſe oder Näsling, Nösling, Spehling, Speier, Eßling, Öhrling, Shnabel, Schnappel, Kräuterling, Rachenzahn, Sunter, Shwarzbau<h, Shwall- und Mundfiſ<h (Chondrostoma nasus, coerulescens und dermaei, Cyprinus nasus; Abbildung S. 286) heißt die in Süd- und Oſtdeutſchland häufige Art dieſer Gattung. Die Naſe iſ langgeſtre>t, rundlih, ſeitlih wenig zuſammengedrü>t und mit kleinen Schuppen bekleidet, ihre Färbung außer der Laichzeit auf dem Rü>ken ſ{<hwärzlihgrün, an der Seite und auf dem Bauche glänzend ſilberweiß, auf den Floſſen, mit Ausnahme der dunkeln Rükenfloſſen, rötlih. Gegen die Laichzeit hin nehmen alle Körperteile eine lebhaftere Färbung an, und es tritt namentlih auh in beiden Mundwinkeln und an den Bruſtfloſſengelenken ein ſhönes Orangengelb hervor; der Rü>ken wird dunkler und erhält ein ſ{hwarzſtreifiges Anſehen. Jn der Rückenfloſſe zählt man 3 und 9, in der Bruſtfloſſe 1 und 15—16, in der Bauhfloſſe 2 und 9, in der Afterfloſſe 3 und 10—11, in der Shwanzfloſſe 19 Strahlen. Die Länge kann bis 50 cm, das Gewicht bis 1,5 kg betragen; doh gehören ſo große Naſen zu den Seltenheiten.

Jm Norden Deutſchlands iſt die Naſe ein wenig bekannter Fiſh, im Süden unſeres Vaterlandes und in der Schweiz dagegen häufig; auh kommt ſie in der Oder und in der Weichſel in namhafter Menge vor. Jm Donau- und im Rheingebiete bevölkert ſie faſt alle Flüſſe und Seen. Sie lebt geſellig, meiſt in großen Scharen beiſammen, hält ſich faſt ſtets am Grunde, längere Zeit auf einer Stelle auf und wälzt ſi hier, wie Schinz bemerkt, oft um und um, ſo daß man ihre ſilberglänzende Unterſeite auf weithin ſ{himmern ſicht. Fm Sommer nähert ſie ſi< den Mauern, mit denen das Ufer eingefaßt iſt, und wälzt ſich hier über Steine, die kaum vom Waſſer bede>t ſind. Übex die unteren Stufen von Treppen, die ins Waſſer führen, ſtreicht ſie in ähnliher Weiſe mit ſo großer Regetmäßigkeit weg, daß die Kapen hierauf aufmerkſam werden und an ſolhen Stellen einen mehr oder minder ergiebigen Fang betreiben. Die Nahrung beſteht aus Pflanzenſtoffen, namentlich verſchiedenen Waſſeralgen, die Steine und andere im Waſſer liegende feſte Gegenſtände überziehen und von den ſcharfen, harten Kieferrändern der Naſen leiht abgelöſt werden können. Jn Würzburg haben die Fiſche, wie von Siebold mitteilt, den Namen „Speier“ erhalten, weil ſie, friſ<h eingefangen, ſtets viel Shlamm ausſpeien, wahrſceinlih eben jenen pflanzlihen Schleim, den ſie im Augenbli>e des Gefangenwerdens no< in den Sthlundzähnen feſtgehalten haben.

Gegen die Laichzeit hin, die in die Monate April und Mai fällt, verſammeln ſich die Näslinge und ziehen in zahlloſen Scharen von dem Hauptſirome in die Nebenflüſſe, von dieſen aus in Zuflüſſe und Waldbäche, auch ſelbſt in ſolche, welche trübes Waſſer haben, ſuchen ſi hier kieſige Stellen auf, über die der Strom nell dahinfließt, und legen auf ihnen ihre zahlreichen Eier ab. Sie haben zu dieſer Zeit ihr Hochzeitskleid angelegt und wie ſo viele andere Karpfen einen Hautausſchlag erhalten, der namentlich den Scheitel und den oberen Teil der Kiemende>el ſowie die ſeitlihen Teile der Schnauze und des Geſichtes bede>t, Die Jungen ſollen bereits nah 14 Tagen ausſ{hlüpfen und dann nah und nah den größeren Flüſſen zuſchwimmen.

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