Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Das Jnſekt als Puppe. Entwi>elungsdauer. 2O

Beſtimmung erfüllt, wenn es, durch den Ei-, Larven- und Puppenzuſtand hindurchgehend, ſeine Reife erlangt und ſi< gepaart hat. Das Männchen ſtirbt ſehr bald nachher, das Weibchen dann erſt, wenn es ſih der befruchteten Eier entledigt hat, wozu es kürzerer, bei Zwiſchentreten des Winters längerer Zeit bedarf. Die Thatſache, daß eine Bienenfönigin dieſes Geſchäft jahrelang betreiben kann, ſtößt die allgemeine Regel niht um. Somit muß das Leben des Inſektes als ein kurzes bezeichnet werden, wenn auch als kein gerade einjähriges, wie bei den Pflanzen, mit welchen es eben verglichen wurde. Manche Arten entwi>eln ſi ſo ſchnell, daß in Jahresfriſt einige Bruten zu ſtande kommen, andere brauchen mehrere, bis etwa fünf Fahre zu einer einzigen. Wie im ſüdlichen Amerika die Agave erſt nah einer Reihe von Fahren aus ihrer Blattroſette einen haushohen Schaft treibt, der in wenigen Wochen ſih zu einem ſtattlichen, pyramidenförmigen Armleuchter entfaltet und in Tauſenden von Blütenbüſcheln prangt, die an den Spitzen der Äſte wie ebenſo viele Flämmchen leuchten, dann aber abſtirbt, alſo hier viele Jahre nötig ſind zu dem, was unſere Sommergewächſe in kaum einem Jahre erreichen: ſo ernährt Nordamerika, wie behauptet wird, einen Kerf, welcher ſi bei ſeiner Entwickelung auh mehr Zeit nimmt als alle anderen. Eine Cikade nämlich ſoll gerade 17 Fahre zu ihrer Entwickelung bedürfen und darum die Cicada septendecim genannt worden ſein. Das Weibchen legt 10 bis 12 Eier in einen tiefen Schnitt, den es mit ſeiner meſſerartigen Legröhre in einen Z1weig, wie beiſpielsweiſe in den vorjährigen Trieb eines Apfelbaumes, ausführt. Nach 52 bis 60 Tagen kriechen die Lärvchen aus, laſſen ſih von oben herabfallen, um ſi ſofort nahe bei der Wurzel in die Erde einzugraben; mittlerweile ſtirbt der Zweig am Baume ab. Hier in der Erde leben ſie 17 Fahre vom Safte der Wurzeln; einen ſo langen Zeitraum nimmt man darum an, weil die Cikaden nach dieſen Zeitabſchnitten in ungeheuern Maſſen erſcheinen. Dann endlih kriechen die puppenartigen Larven aus ihren unterirdiſchen Verſte>en hervor, ſeßen ſi< an dem erſten beſten, etwas über dem Boden erhabenen Gegenſtande feſt, berſten im Na>en, und das geflügelte Inſekt erfreut ſih ſeines oberirdiſchen Daſeins. Ft es ein Männchen, ſo zirpt es, aber in anderer Weiſe, wie unſere Grillen, die Weibchen ſtellen ſi ein, und die Paarung erfolgt. Das Weibchen legt ſeine Eier, und in einem Zeitraume von etwa 36 Tagen iſt alles abgethan, die Tiere ſind wieder verſ{<wunden. Es iſt nötig, bei dieſer Gelegenheit auf eine beſtimmte Ausdru>s3weiſe aufmerkſam zu machen, die im weiteren Verlaufe man<hmal gebraucht werden wird. Man ſpricht nämlich von einfacher Brut (Generation) eines Jnſektes, wenn es in Jahresfriſt ſeine Verwandlungsſtufen nur einmal durchlebt, von zwei, drei Bruten, wenn dies in derſelben Zeit öfters geſchieht, und unterſcheidet, wenn es ſi<h um deren zwei handelt, zwiſchen Sommer- und Winterbrut. Die leßtere umfaßt immer einen längeren Zeitraum, weil der Kexrf auf irgend einer ſeiner Entwi>elungsſtufen den Winter über ruht. Bei dieſer Bezeichnungsweiſe denkt man niht an das bürgerliche Fahr, ſondern an einen Zeitraum von 12 Monaten, der für die verſchiedenen Arten einen verſchiedenen Anfang nimmt. Die Sommerbrut des großen Kohlweißlinges, um ein Beiſpiel anzuführen, beginnt mit dem April oder Mai, zu welcher Zeit die Cier gelegt werden. Von dieſen fliegen die Schmetterlinge ungefähr im Auguſt, mit welchem Monate die Sommerbrut zum Abſchluſſe gelangt. Mit den Eiern dieſer Schmetterlinge beginnt die zweite oder Winterbrut, die vor dem Wintex bis zum Puppenſtande gelangt und mit dem Ausſchlüpfen des Falters im April zu Ende geht. Wenn man dagegen von der vierjährigen Brut des Maikäfers oder der ſiebzehnjährigen jener Cikade ſpricht, ſo legt man die Kalenderjahre zu Grunde.

Jm Verhältnis zu der ungeheuern Anzahl aller Jnſekten iſt erſt von ſehr wenigen die Entwi>elung während des freien Lebens zuverläſſig beobachtet; ſoweit aber unſere