Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Geſäumter Fadenſhwimmfkäfer. 49

einfache, ſichelförmige Kinnba>en, freie Kinnladen mit eingliederigen Taſtern, ein kurzes, fleiſhiges Kinn mit zweigliederigen Taſtern und keine Spur einer Zunge, durch den Mangel der Oberlippe, dur viergliederige Fühler und jederſeits dur<h eine Gruppe von ſe<s, in zwei Senkſtrichen ſtehenden Punktaugen aus. Die Kinnbaen dienen dieſen Larven niht nur zum Feſthalten und Verwunden ihrer Beute, wie den Laufkäferlarven, ſondern in Ermangelung einer Mundöffnung gleichzeitig als ſole. Sie ſind nämlich hohl, vor der Spitze in einer Spalte offen und bilden ein Saugwerk, mit welchem die flüſſige Nahrung aufgenommen wird. Wegen der Übereinſtimmung hinſichtlich der Freßwerkzeuge bei dieſer mit den beiden vorangehenden Familien ſind alle drei von früheren Syſtematikern als Fleiſ<freſſer (A dephagi) zu: einer Gruppe zuſammengeſtellt worden.

Die etwa 600 bekannten Schwimmkäfer breiten ſih über die ganze Erde aus, vorwiegend jedo< in der gemäßigten Zone, und ſtimmen wie in der Geſtalt au< in der meiſt eintönigen Färbung überein, ſo zwar, daß hier in keinerlei Weiſe die Bewohner heißerer Erdſtriche eine Auszeihnung vor unſeren heimiſchen aufzuweiſen haben. Schwarz, braun, bei den größten wohl auh olivengrün mit oder ohne ſ{mußiggelber Zeihnung, welche vorherrſchend einige Ränder trifft, ſind die einzigen Farben, welhe den Shwimmfäfern zukommen. Gegen den Herbſt findet man ſie am zahlrei<ſten und, wie es ſcheint, alle als Neugeborene. und zur Überwinterung beſtimmt.

Der geſäumte Fadenſ<hwimmkäfer (Dy ticus marginalis) in unſerer umſtehenden Abbildung (Fig. 1 und 2) gehört zu den größten der ganzen Familie, hängt jeßt mit der äußerſten Spigze ſeines Hinterleibes an der Oberfläche des Waſſers, fährt im nächſten Augenblicke hinab und wühlt ſi< in den S<hlamm des Grundes, oder verſte>t ſi< in ‘das Gewirr der dort wurzelnden Pflanzen, kommt wieder hervor, eine Éleine Larve oder einen anderen Mitbewohner des {mußigen Tümpels ſo lange verfolgend, bis er den le>eren Biſſen triumphierend zwiſchen ſeinen ſcharfen Freßzangen feſthält. Der Bau des Körpers und der gleihmäßig rudernden Hinterbeine verleihen ihm die ausreihende Gewandtheit. Die Mittel- und Vorderbeine ſind zum Klettern und Feſthalten eingerichtet, in beiden Geſchlechtern aber verſchieden gebaut. Während die fünf ſeitlih etwas zuſammengedrücten Fußglieder beim Weibchen untereinander ziemlich gleich ſind, höchſtens das Klauenglied durch ſeine Länge ſi<h mehr auszeihnet, erweitern ſih die drei erſten der männlichen Mittelfüße und ſind, wie bei vielen Lauffäfern, an der Sohle mit einer Bürſte kurzer Borſten dicht beſeßt. An den Vorderbeinen bilden dieſelben zuſammen eine kreisrunde Scheibe, welche auf der Sohle außer der Bürſte no< zwei Näpfchen trägt. Eine einfache und doch wunderbare Einrichtung. Wenn das Tier ſeine Vorderfüße platt aufdrü>t auf einen Körper, z. B. ein im Waſſer liegendes Aas, die polierte Oberfläche ſeines Weibchens, ſo kommt die Jnnenſeite jener Näpſchen mit zur Berührung, dann aber zieht ein mitten durch gehender Muskel die Fnnenwand zurü> und es bildet ſi< ein luftleerer Raum innerhalb dieſes tleinen Schröpfkopfes, die Beine haften auf dieſe Weiſe feſter, als es unter Aufwand von vielleiht zehnmal mehr Muskelkraft möglih wäre.

Die immer glänzende, niemals naſſe Oberfläche des ganzen Körpers iſt oben dunkel olivengrün mit Ausnahme einer glei<hmäßigen, gelben Einfaſſung rings um das Hals[ild und einer nah hinten allmählih ſ{<windenden am Außenrande der Flügelde>en. Dieſe leßteren bieten bei den anderen Dyticus-Arten ein no< anderes Unterſcheidungsmertmal der Geſchlechter, bei der unſerigen nur teilweiſe. Sie ſind nämlich auf ihrer größeren Vorderhälfte bei den Weibchen ſtark gefur<ht, während gerade von unſerer Art ebenſo häufig Weibchen mit glatten, den männlichen vollkommen gleichen Flügelde>en an-

getroffen werden. Die Zweigeſtaltigkeit der Flügelde>en nah den beiden LS kennt Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IX.