Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

86 Krebſe. Elfte Ordnung: Kiemenfüßer; Familie: Waſſerflöhe.

„Wangeliſche Prediger“ in Regensburg, Schäffer, „anfangs in der lateiniſchen und ißo in der deutſchen Mundart“ die erſte ſorgfältige Abhandlung über den Kiefenfuß gegeben. Troß vierjähriger genauer Studien des Tieres war es ihm nicht gelungen, Männchen zu entde>en. Cine intereſſante Anekdote erzählt Schleiden vom Apus cancriformis, ih habe aber niht erfahren können, wo er ſie her hat. Als Goethe einmal in der Umgegend von Jena ſpazieren ging, brachte man ihm einen lebenden, eben gefangenen Kiefenfuß, der ſeine Aufmerkſamkeit außerordentlih feſſelte. Er wollte mehr davon haben und bot für den nächſten einen Speziesthaler, für den dritten einen Gulden und ſo weiter bis auf 6 Pfennig herab. Aber obwohl viele Leute auf die Suche gingen, wollte es doch niht gelingen, einen zweiten zu erhaſchen.

Eine andere Gattung mit ſigenden Augen iſt Timnadia, deren Körper von einer großen zweiklappigen, beiderſeits am Rücken befeſtigten Schale ganz eingeſchloſſen iſt.

Der ausgezeichnete Kenner vieler und auch dieſer niederen Tiere, Profeſſor Leydig in Würzburg, ſchildert ſehr anziehend die allgemeinen Lebensverhältniſſe der Familie der Waſſerflöhe, Kladoceren oder Daphniden (Cladocera). „Frühmorgens, dann namentli<h an warmen, ruhigen Abenden, auch ebenſo bei bede>tem Himmel ſ{<wimmen dieſe Tierchen, von denen die größten ſelten über 6 mm Länge haben, zunächſt der Oberfläche des Waſſers, ſenken ſich aber in die Tiefe, ſobald die Sonne etwas ſtark den Waſſerſpiegel beſcheint. Manche Arten lieben es überhaupt mehr, ſih nahe an dem ſ{<lammigen Grunde aufzuhalten

î als in die Höhe zu ſteigen. Schon dadurch, daß ſie j gewöhnlich ſcharenweiſe die ſtehenden und langKiefenfuß (Apus). Natürliche Größe. ſam fließenden Gewäſſer bevölkern, ja ſelbſt, wie

wenigſtens mancher beobachtet haben will, dur< ihre übergroße Menge dem Waſſer eine beſtimmte Färbung verleihen, mußten ſie die Aufmer& ſamkeit der Naturforſcher ſeit langem auf ſi ziehen; doch verſteht es ſih in anbetracht ihrer geringen Körpergröße von ſelbſt, daß immer nur ſolche Beobachter eine nähere Kenntnis von ihnen nehmen fonnten, welhe den Gebrau<h des Mikroſkopes niht verſ<hmähten. Aber gerade für jene Zoologen, welche nicht bloß die Äußerlichkeiten eines Tieres berüſichtigen, ſondern au< für den inneren Bau und die Lebenserſcheinungen ſi intereſſieren, iſt das Studium dieſer Geſchöpfe ein höchſt anziehendes. Kann man doch bei vielen, begünſtigt dur die große Durchſichtigkeit der Hautbede>ungen, den ganzen Organenktomplex am lebenden unverleßten Tiere dur<hſchauen, ähnli faſt wie an jenen Maſchinenmodellen, welche unter dur<ſihtiger, glänzender Umhüllung die Zuſammenſeßung und das Spiel der einzelnen Teile dem Blicke des Beſchauers nicht vorenthalten. Und auch der Nichtzoolog iſt angenehm überraſcht, wenn er an einem unter dem Mikroſkop ihm vorliegenden Tiere die Bewegungen des Auges, des Nahrungskanals, das pulſierende Herz, die den Körper durperlenden Blutkügelchen und ſo vieles andere Lebende und Bebende gewahr wird. „Jndeſſen niht jeder fühlt die Neigung oder, um nicht gar zu ſagen, hat die Herablaſſung, die organiſchen Körper um ihrer ſelbſt willen zu ſtudieren, und insbeſondere in