Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

98 Würmer. Erſte Klaſſe: Rädertiere; Familien: Schildrädertierchen, Kriſtallfiſchc<hen.

und dies geſchieht namentlih, wenn ſi<h das Tier mit Hilfe ſeiner am Hinterende befindlichen Zange gleichſam vor Anker gelegt hat und dann die Wimpern ſpielen läßt. Thut man dann in den Tropfen, in welchem man das Rädertier unter dem Mikroſkop beobachtet, fein zerteilten Farbſtoff, Fndigo oder Karmin, ſo kann man die heftigen Wirbel und das Anhäufen der Nahrung vor dem Munde verfolgen.

Die Nädertiere ſind mit einem Paar Kiefer ausgeſtattet, Beim Noteus ſind dieſelben ungefähr handförmig, in vielen anderen Fällen gleichen ſie einer Spißzange; bei allen Gattungen haben ſie eine ſo beſtimmte Form, daß ſie niht minder carakteriſtiſche Kennzeichen abgeben als die Zähne der Säugetiere, und daß man gerade ſo wie bei dieſen aus ihrer Form auf die Lebensweiſe des Tieres ſchließen kann. J< erinnere mih aus der Zeit, als ih ein eifriger Schüler des Profeſſors Ehrenberg war, daß ihm von weither ein Gläschen mit Waſſer geſchi>t wurde, in welhem ein Rädertier ſich befinden ſollte. Dem Sender lag daran, zu wiſſen, welche Art es ſei. Troß eifrigen Suchens mit der Lupe wax wenigſtens von einem lebendigen Rädertiere nichts zu entde>en; es war, obwohl mit Schnellpoſt gegangen, abgeſtorben. „Abex die Kiefer müſſen doch da ſein, auch wenn der übrige Körper ſih zerſeßt hat!“ ſagte mein Lehrer, und richtig, als das Waſſer behutſam abgeſhüttet war, fanden ſih im letzten Tröpfchen die geſuchten Organe und ließen die ſichere Beſtimmung der Spezies zu. Jn der Mitte des Noteus zieht ſih ein buchtiger, ſehr geräumiger Darmkanal (a) herab. Allen RNädertieren fann man in den Magen ſehen und dabei wahrnehmen, wie die aufgenommene Speiſe MY dur< eine Wimperbekleidung der Darm-

Kiefer des Rü>enauges. 300mal vergrößert. wandung in einer kreiſenden Bewegung er-

halten wird. Es wird dadurch ungefähr die periſtaltiſhe Bewegung anderer Tiere erſet. Die beiden flügelförmigen Anhänge (Þ), welche auf dem oberen Teile des Darmkanales aufſizen, laſſen fi<h mit den Speicheldrüſen vergleihen. Ein beſonderes Gefäßſyſtem hat kein Nädertier, niht einmal ein iſoliertes herzartiges Organ, welches allen Gliedertieren eigen iſt. Die Blutflüſſigkeit iſt eben ganz frei in der die Eingeweide umgebenden Leibeshöhle enthalten, und zwar in einem Zuſtande der Verdünnung dur< willkürlih aufgenommenes Waſſer. Man ſieht häufig die Rädertiere zuſammenzu>en und dabei ihren Körperumfang beträchtlich verringern. Dies kann gar nicht anders geſchehen als dur<h das Auspreſſen eines großen Teiles der in ihrem Leibe enthaltenen Flüſſigkeit, an deren Stelle beim Wiederaufblähen des Körpers wohl dur eine Öffnung im Na>en Waſſer aus der Umgebung eintritt. So auffallend dieſe Blutverſhwendung erſcheint, hat ſie bei anderen niederen Tieren, z. B. den Polypen, doh ihr Analogon und iſt als eine Thatſache hinzunehmen. Eine andere regelmäßige Ausſcheidung aus dem Blute findet dur die geſhlängelten beiden Kanäle (d) ſtatt, welche in eine von Zeit zu Zeit ſi entleerende Blaſe (e) einmünden (\. Abbild. S. 97).

Unſer Noteus zeigt einen ſehr entwidelten Cierſto> (e). Man hat die Rädertiere lange Zeit für Hermaphroditen gehalten, weil man keine männlichen Generation8werktzeuge finden konnte. Es ſtellte ſi aber heraus, daß man von faſt allen beſchriebenen Arten