Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

104 Würmer. Erſte Klaſſe: Rädertiere; Fam.: Bauchhärlinge. Zweite Klaſſe: Sternwürmer.

Am beſten läßt ſih an die Rädertiere eine wenig zahlreiche Geſellſchaft kleiner Geſchöpfe anſchließen, deren umfaſſendſte Unterſuhung wir wieder Zelinka verdanken. Es ſind dies Bauchhärlinge (Gastrotricha oder TIchthydinae). Dieſe Tiere ſind von abgeflachter flaſchen: bis wurmförmiger Geſtalt, haben unten zwei Längsreihen von Wimpern, welche wieder in queren Reihen ſtehen. Auf dem Rücken haben ſie Hornſhüppchen oder Borſten, ebenſo ſtehen in der Nähe des Mundes verlängerte Wimpern. Jhre Nahrung beſteht aus kleinen tieriſchen oder pflanzlihen Drganismen. Oft fangen ſie ziemli<h große JFnfuſorien, welche ſie dur ſ{hlagende Bewegungen ihres Kopfes zerſtoßen. Sie {hwimmen bald nah Nahrung herum, bald bleiben ſie ruhig vor Anker liegen und wimpern ſi<h mit ihrem Wüimperkleide die Nahrung zu. Meiſt verſhlu>en ſie dieſelbe haſtig mit bedeutenden Quantitäten Waſſer, das der Vorderdarm raſch hinabſtürzt bis zum Enddarm, während die Nahrung durch eine Art Reuſenapparat im Mitteldarm angehalten wird und langſam oder bisweilen mit ru>weiſer Bewegung, wie ſie verdaut wird, dem Aſter zu wandert. Die Tiere ſ{hwimmen aber immer nux nach vorn, können dabei allerdings raſhe Wendungen ausführen. Von Sinnesorganen ſind nur Taſtapparate vorhanden.

Die Gaſtrotrichen ſcheinen Zwitter zu ſein, doh konnte Zelinka niemals männliche Geſchlehtsorgane finden. Die Jndividuen, welche ihre Eier ablegen wollen, ſuchen in Algenbündelchen oder leeren Schälchen von Muſchelkrebschen geeignete Verſte>e für dieſelben, welche aber immer erſt ſehr ſorgſam von allen Seiten betaſtet und gemuſtert werden. Die Eier ſelbſt haben auf ihrer Schale allerlei Ankerapparate, Stacheln, mit Widerhaken verſehene Säulchen und Pyramiden, dur<h welche ſie feſt verankert werden können.

Man kennt nur Süßwaſſerarten.

Zweite Klaſſe. Die Sternwürmer (Gephyrei).

Auth die Sternwürmer (Gephyrei) haben betreffs ihrer Syſtematik eine ziemli<h bunte Geſchichte hinter ſich. Die älteren Naturforſcher ſahen in ihnen bald Ringelwürmer (Pallas), bald Seewalzen (Fabricius) oder gar Krater; Cuvier zählt ſie zu den Echinodermen, aber ſhon Rolando (1821) betrachtet ſie als Bindeglieder zwiſchen dieſen und den Ringelwürmern, in welcher Anſchauung ihm der franzöſiſche Zoolog Quatrefages folgt, der die Klaſſe zuerſt als Gephyrea (na< dem griechiſhen Wort für Brücke, alſo Brü>en- oder Verbindungstier) benennt.

Später hat man gelegentli<h wohl einmal die Nädertiere oder gar, als man das Männhen von Bonellia näher fennen gelernt hatte, die Strudelwürmer für verwandt angeſehen, gegenwärtig dürfte wohl ziemlih allgemein die Anſicht verbreitet ſein, daß die Sternwürmer entartete Ringelwürmer ſeien. Selenka definiert die Klaſſe ſo: „Anneliden mit degencrierter Segmentation und ohne äußere Gliederung, ohne Fußſtummel und ohne Rüenfiemen. Das Gefäßſyſtem iſt geſchloſſen, es ſind 1—8 (ſelten 6) Paar Segmentalorgane vorhanden. Selten finden ſich zahlreiche Borſten, meiſt keine. Die Geſchlechter ſind getrennt.“

Als i< im Frühjahr 1852 zum erſtenmal die dalmatiniſhe Fnſel Leſina beſuchte, um dort niedere Tiere, namentli<h Würmer, zu ſtudieren, führten mih die vom gleihen Fntereſſe beſeelten und {nell gefundenen Freunde Botteri und Boglich über die Berge hinab nach der Bucht von Socolizza, an deren Strande wir zahlreiches Getier würden ſammeln können. Schon mancher Stein war umgewendet, Nereiden und andere Borſtenwürmer in