Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Allgemeines. Bonellia. 105

die Gläſer gewandert, neue mikroſkopiſche Ausbeute ſtand für daheim in Ausficht, als ih etwa 1 Fuß tief unter Waſſer unter einem großen Steine ein intenſiv grünes, wurmartig ſi bewegendes Weſen bemerkte. Jh faßte nell zu, der Stein wurde weggehoben, und mein vermeintlicher Wurm erwies ſih als der mit zwei ſeitlihen Flügeln endigende Rüſſel eines bis dahin von ſehr wenigen Zoologen geſehenen Wurmes, der Bonellia viridis. Fn einem Been crhielt ih ihn einen Tag lebend, und wir konnten uns zuerſt an den wunderlihen Bewegungen niht ſatt ſehen. Ein grüner Farbſtoff, der ſih dem Weingeiſt, in dem man das Tier aufhebt, mitteilt, aber nicht der gleiche, wie der des pflanzlichen Blattgrüns, wie man früher vermutete, ſondern ein ſelbſtändiger iſt, färbt Körper und Rüſſel. Erſterer iſt mit vielen kleinen Warzen bede>t und der mannigfaltigſten Zuſammenſ<nürungen und Einziehungen fähig, bald kugelig, bald eiförmig, dann wieder gleiten Wellenbewegungen von hinten nach vorn, wo ſie ſich in leichten Shwingungen dem Rüſſel mitteilen. Dieſer iſt womöglih ein noh größerer Proteus als der Körper, indem er von einigen Centimetern ſi< bei den größeren Exemplaren (von etwa 8 cm Körperlänge) auf ?/> m und darüber ausdehnen kann. Die Mundöffnung an unſerem Wurme iſt am Grunde des Nüſſels, der eine mit Wim- a) Bonellia. b) Phascolosoma. c) Priapulus, Natürlihe Größe.

pern ausgefleidete Längsfurche

hat, die Afteröffnung am Hinterende. Charakteriſtiſh ſind auh noh zwei kurze, ſtarke Borſten unweit des Vorderendes.

Mehr als ſi< ausſtre>en und zuſammenziehen that meine Bonellia niht. Nach Beobachtungen von Lacaze-Duthiers verläßt ſie gelegentlih ihre Schlupfwinkel und kriecht mit Hilfe ihres Rüſſels, deſſen beide Vorderhörner wie Saugnäpfe fungieren. Der Wurm kann in ſehr enge Felſenſpalten ſ{<lüpfen, da ſein Körper äußerſt ſhmiegſam iſt. Es hat ſi ſpäter gezeigt, daß er an dem Strande von Socolizza eins der gemeinſten Tiere iſt; er liebt aber niht das volle Tageslicht, ſondern die Morgendämmerung. Man findet ihn aber jederzeit, wenn man in dem mit Sand gemiſhten Gerölle !/2—1 Fuß tief gräbt. Wir rennen nun ſein Vorkommen von Fiume bis zu den Baleariſchen Fnſeln und an der Küſte von Kanada (Nova Scotia).

Dieſe nah dem Turiner Entomologen Bonelli genannten Tiere ſind, wie ſhon ihre ſonderbaren Geſtalten zeigen, ſehr aparte Geſchöpfe. Sie leben ſämtlih in größter