Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Phascolozoma. Sprißwurm. Priapulus, Echiurus Pallasü. 107

ziemlich große Mundöffnung ſih befindet. Die Längsrippen des Nüſſels ſind mit kleinen, ſcharfen Spißchen beſet. Der eigentliche Körper iſt vom Nüſſel durch eine Einſchnürung getrennt und durch deutliche Furchen geringelt. Der Schwanz erſcheint als ein büſchelförmiger Anhang des Körpers, und auf der Grenze zwiſchen ihm und dem Körper liegt die Darmöffnung. Was über die Verbreitung und Lebensweiſe der Priapeln bekannt geworden, hat Ehlers zuſammengefaßt. Das Vorkommen des Priapulus ſcheint auf die Küſten der nördlichen Meere beſchränkt zu ſein, hier aber wird das Tier, je weiter nah Norden, um ſo häufiger. Jn ſeinem ganzen Verbreitungsbezirk von Grönland, Fsland, Norwegen bis zu den britiſchen Küſten lebt der Wurm auf dem thonigen oder ſandigen Boden in verſchiedener Tiefe. Er gräbt ſich, wie es ſcheint, dur<h Vorſtoßen und Zurückziehen des Nüſſels Gänge von der Länge des Körpers, die dur ein aufgeworfenes Häufchen kenntlich ſind. Fn dieſen liegt er ruhig, während der Shwanz allein in das umgebende Waſſer hineinragt. Alle Beobachter, welche lebende Tiere vor Augen hatten, erwähnen das Einziehen des Nüſſels, wenn das Tier beunruhigt wax, und ein darauffolgendes plötzliches Wiederausſtülpen im Nuhezuſtande, ganz ähnliche Vorgänge, wie man ſie auh beim Sprißwurm beobachtet. An einem Priapulus, der drei Wochen lang im Aquarium ſich hielt, wurde nie beobachtet, daß das Tier irgend einen beſonderen Verſu<h machte, Futter zu ſih zu nehmen. Fm Sonnenſchein wurde es lebhaft, zog den Nüſſel ein und ſtülpte ihn raſh und plöblih aus, ent: faltete den großen Schwanzanhang und zog ihn wieder ein, bog den Körper, dehnte ihn aus und verkürzte ihn ohne eine beſtimmte Ordnung der Veränderungen. Was die Nahrung betrifft, ſo unterliegt es keinem Zweifel, daß der Priapulus Pflanzenfreſſer iſt; der Fnhalt des Darmes ſpricht dafür.

Ein an der nordweſtlichen deutſhen Küſte, beſonders in den weiten Wattenmeeren der weſtfrieſiſhen Fnſeln gemeiner Sternwurm iſt Echiurus Pallasii, ein 10—15 cm langes Tier von Geſtalt einer etwas vor der Mitte eingeſhnürten Wurſt mit zahlreichen Querreihen weißlicher Éleiner Papillen auf der gelblihen Haut, einem kurzen Rüſſel von Geſtalt einer Kohlenſchaufel, der bei Beunruhigungen ſehr leicht abgeworfen wird. Am Vorderende ſtehen zwei Haken, am hinteren zwei Kränze ſpizer Borſten. Das Tier bewohnt in verſchiedenen Tiefen ſelbſtgegrabene Röhren in Sand und Schli>. Jn der Regel ſind dieſe Röhren doppelt, d. h. es laufen ihrer zwei parallel nebeneinander und vereinigen ſi<h unten dur einen Quergang.

Fntereſſante Beziehungen exiſtieren zwiſhen Sternwürmern und Korallen, über welche Semper berichtet: „Jn den tropiſchen Meeren lebt eine ſehr eigentümliche Gattung kleiner Korallen, genannt Heteropsammia, deren Fndividuen ganz regelmäßig einen Wurm (Aspidosiphon) beherbergen; dieſer gehört zu der Klaſſe der Sipunkuliden. Es iſt {wer zu begreifen, welchen Vorteil beide Tiere von ihrer Vergeſellſchaftung haben können; doh muß dies wohl der Fall ſein, da nie eine Koralle ohne jenen Wurm gefunden wird. Fh habe ſelbſt zahlreihe Exemplare der Heteropsammia Michelini im Philippiniſhen Meere gefiſ<ht und niht eins ohne den Wurm gefunden; ebenſo geht aus den Abbildungen und Beſchreibungen anderer Arten derſelben Gattung hervor, daß überall das Wohnloch des Gaſtes in der Koralle gefunden wurde. Nun iſt ferner die Gegenwart der Sipunkuliden die Urſache einiger ſehr auffallenden Abnormitäten im Bau der von ihnen bewohnten Korallen; Eigenſchaften, wel<he man geradezu als ſpezifiſhe Charaktere der betreffenden Arten oder der Gattung angeſehen oder beſchrieben hat. Bei den jüngeren Exemplaren iſt die Baſis der frei lebenden Koralle kaum größer als der Umfang des Kelches; bei den völlig ausgewag<ſenen dagegen iſt jene ſehr viel größer. Dies iſt der erſte Gattungscharakter, welcher dur< die Anweſenheit des fremden Tieres hervorgerufen zu ſein ſcheint. Denn das lettere ſeßt ſih an die Baſis der ganz jungen Koralle an und wächſt mit dieſer fort, aber wie es ſcheint ſchneller als jene, ſo daß der Wurm, um nicht bei einem raſchen Wachstum