Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

114 Würmer. Vierte Klaſſe: Ningelwürmer. Erſte Unterklaſſe: Borſtenwürmer.

Die Familie der Lumbricinen zerfällt nah der Beſchaffenheit des Kopflappens und der Stellung der Borſten in eine Reihe von Gattungen, unter denen Lumbricus allein über 20 Arten zählt. Jedo<h nux 2—8 Arten, wie Lumbricus anatomicus und L. agricola, ſind in Deutſchland allgemein verbreitet. L. foetidus, die am ſ{<önſten gefärbte Art, mit gelb und rot bandiertem Leibe, liebt die Sandgegenden und findet ſih beſonders häufig in der Mark unter Lauberde. Der braunrote, heller bandierte L. puter bewegt ſi ſehr geſchwind unter und im morſchen und faulen Holze, der grünliche TL. chloroticus iſt bis jeßt nur am Harz im Grunde ſtehender Gewäſſer, auf thonigen Angern und an den ſandigen Ufern von Bächen und Flüſſen geſehen worden. Manche Arten (z, B. L. rubellus) haben zwei Farbſtoffe: einen grünen, im Waſſer löslichen und einen roten, durch Äther ausziehbaren. Durch Einfluß von Säure verändert ſi<h übrigens der grüne augenſcheinlih in den roten. Man hat auh leuhtende Regenwürmer beobachtet.

Die Tiere ſind kosmopolitiſ<h verbreitet, und man findet ſie, merkwürdig genug, auf den einſamſten Jnſeln, wenn nur ſonſt die Exiſtenzbedingungen ſür ſie dort günſtig ſind.

Phreoryectes Menkeanus. Natürliche Größe.

Noh an der Mündung der Lena hat man Arten gefunden, und manche ſind zirfumpolar verbreitet und in Nordamerika ebenſo häufig wie in Europa oder Sibirien. Fn den Tropen der Alten und Neuen Welt findet man rieſige Formen (Megascolex) von mehr als 1 m Länge, welche entſprechend tiefe und weite Gänge in den Boden bohren und bisweilen ſehr lebhaft (z. B. himmelblau) gefärbt ſind.

Den höchſt ſchlanken Phreoryctes Menkeannus (f. obige Abbildung), einen der ſelteneren der deutſhen Regenwürmer, haben wir nah Bau und Lebensweiſe durch Leydig genauer kennen gelernt. Die Tiere halten ſi< am liebſten in Brunnen auf, vorzugsweiſe in Süddeutſchland. Jn der Winterzeit ſcheinen ſie ſih gleich den in der Erde lebenden Lumbricinen zurücßtzuziehen, am häufigſten ſind ſie im Mai und Funi zu haben. „Jm Aquarium, deſſen Schlammboden mit Steinen bede>t iſt, hielten ſie ſih längere Zeit gut. Meiſt hatten ſie ſi< unter die Steine zurü>gezogen und zwar gern geſellſchaftli< und ineinander gewirrt. Bei fühler Witterung ſowie bei Regenwetter blieben ſie unter ihren Steinen verborgen, hingegen bei re<t warmen Tagen ſowie bei Gewitterluſt krochen ſie regelmäßig hervor und unruhig hin und her.“ Den ganzen Herbſt und Winter blieben ſie unſichtbar, und erſt in den wärmeren Märztagen erſchienen ſie wieder. Da die im Aquarium gehaltenen Valisnerien na< und nach ihrer Wurzeln beraubt wurden, ohne daß ein anderes Tier der Thäter hätte ſein können, darf man auf die pflanzlihe Nahrung des Phreoryctes ſ<hließen. Wegen der dien Haut und der dünnen Hautmuskelſchicht fallen die ſ{langenförmigen Bewegungen des Tieres etwas ſteif und ungelenk aus. Die Bemerkung Leydigs, daß das Tier teineswegs bloß in Brunnen lebe, ſondern auch in ſeihteren Waſſergräben, kann ih damit beſtätigen, daß ich es in ziemlicher Anzahl in einem Baſſin des botaniſchen Gartens in Krakau ganz oberflählih zwiſchen den Waſſerfäden gefunden.

Wir ſehen alſo, daß in nächſter Nähe des Regenwurmes ſtehende Gattungen, wie Phreoryctes und, fügen wir hinzu, der im Tegeler See bei und in der Spree innerhalb

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