Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

170 Würmer. Fünfte Klaſſe: Rundwürmer; zweite Ordnung: Fadenwürmer.

Gordius aquaticus. Waſſerkalb, zuſammengefaßt wurden. Die mittlere Länge der Männchen beträgt 10—15 cm, doch meſſen einzelne über 30 cm. Die mittlere Länge der Weibchen iſt gegen 10 ecm. Die Die der mittelgroßen Männchen ſhwankt zwiſchen zwei Fünftel und einem halben Millimeter; die Weibchen ſind etwas di>er. Die im allgemeinen braune Farbe kommt in mannigfachen Nüancen vor. Die Männchen ſind dur<hgehends dunkler und vorwiegend ſ<hwärzlih gefärbt, vom glänzenden Mäuſegrau bis zum tiefſten, glänzenden Braunſchwarz, welches an einigen Körperſtellen au< in reines Schwarz übergehen fann. Die Farbe der Weibchen iſt ſtets heller und niht glänzend, vom Fſabellgelb faſt bis zum geſättigten Gelbbraun. Auf der Mittellinie des Bauches und des Nüdens verläuft bei Männchen und Weibchen ein dunkler Längsſtreif, der auh bei den übrigen dunfelſten Männchen noh wahrnehmbar iſt. Bei dem erwachſenen Tiere iſt ein Darmkanal nur im verkümmerten Zuſtande vorhanden, und es ſcheint, als wenn es in dieſem Zuſtande gar keine Nahrung zu ſih nehme. Wix kommen unten auf dieſen Punkt zurü>. An eine Ernährung frei lebender Tiere dur< bloße Hautaufſaugung iſt nicht zu denken. Ein allgemeines Kennzeichen der Gattung Gordius iſt das gabelförmig geſpaltene Schwanzende des Männchens. (Siehe nebenſtehende Abbildung.)

Die Waſſerkälber halten ſi<h im geſhle<tsreifen ZUſtande in ſeiten ſtehenden und fließenden Gewäſſern auf. Über ihr Vorkommen erzählt von Siebold: „Bei einer zoologiſchen Exkurſion in das liebliche Wieſenthal der Fränfiſchen Schweiz unterſuchte ih zwiſchen Streitberg und Muggendorf in einem kleinen engen Seitenthale die von einem ausgetro>neten Bache hinterlaſſenen Lachen und erblickte in dieſen ein Paar lebende Gordien, welche mich anſpornten, auf dieſe Tiere meine beſondere Aufmerkſamkeit

Ti , . zu rihten. Meine Mühe blieb niht unbelohnt; denn na<

Gn EL ° mehrmaligem Durchſuchen der oben erwähnten Lokalitäten erhielt ih 50—60 Stü ſolcher Fadenwürmer. Sie beſtanden aus den beiden Arten Gordins aquaticus und Gordius subbifurcus, unter denen ih aber die erſtere nur ſehr ſparſam vorfand. Bei beiden Arten waren die männlichen Fndividuen vorherrſchend. Es erforderte übrigens das Auffinden dieſer Würmer eine gewiſſe Aufmerkſamkeit, indem man ſie einzeln in ausgeſtre>tem Zuſtande bei ihren trägen, ſ<langenförmigen Bewegungen oder zu mehreren in einen Knäuel aufgewid>elt, bei ihrer dunkeln Farbe zwiſchen den verſchiedenen auf dem Grunde des Waſſers liegenden macerierten Pflanzenfaſern leiht überſehen konnte. Manche ragten zwiſchen Steinen und Wurzeln nur mit ihrem Vorderleibsende hervor oder ſte>ten an den Ufern des Fluſſes teilweiſe im Schlamme und waren dann no< ſ{werer zu bemerken.

„Da ih wußte, daß ih es hier mit ausgewanderten Paraſiten zu thun hatte, ſo ſah i< mich in der Umgebung des Fundortes dieſer Würmer nah ihren ehemaligen Wohntieren um und konnte auh verſchiedene Laufkäfer im Thale bemerken, von denen mehrere im Waſſer ertrunken lagen; ih brach allen dieſen Käfern den Hinterleib auf und erhielt wirkli aus einer Feronia melanaria einen männlichen Gordius aquaticus.

„Wie häufig übrigens die Gordiaceen in der Umgebung von Streitberg vorkommen, konnte ih noh aus einem anderen Grunde entnehmen. Der Poſthalter und Gaſtwirt im Dorfe Streitberg kannte nämlih die Fadenwürmer, denen ih mit ſo vielem Jntereſſe na<hſpürte, recht gut, da ſie, wie er mir mitteilte, niht ſelten in dem Brunnentroge hinter ſeinem Hauſe gefunden würden; auh wußte derſelbe, daß dieſe Würmer mit dem