Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Verhältnis der Blaſenwürmer zu den Bandwürmern. Menſchlicher Haken-Bandwurm. 179

Zapfens dieſe Teile na< außen treten, und daß alſo natürlich die Oberfläche des einwärts gektehrten Zapfens dann zur Achſe wird. Wird nun dieſes Gebilde umgeſtülpt, was jedoch ſelten an dem Aufenthaltsorte der Finnen geſchieht, ſo beſteht es aus dem Bandwurmkopfe mit dem ungegliederten, aber oft gerunzelten Halſe und der daran hängenden Blaſe (Fig. Þ). Bei einigen Arten hat es aber ſein Bewenden nicht mit der Vildung nur eines Bandwurmkopfes an der Blaſe; es können zahlreiche Kopfknoſpen entſtehen, oder auh nux Blaſen ſich bilden, deren jede Köpfe hervorbringt. Wir werden dieſe Erzeugungen bei den betreffenden Arten näher ins Auge faſſen. Fn dem Blaſenwurmzuſtand verharrt der Wurm ſo lange, als ex an dex Bildungsſtätte der Blaſe bleiben muß. Die Finne des Schweines geht in den Muskeln, wo ſie ſih aufhält, durchaus keine weiteren Veränderungen ein. Die Finne des Kaninchens in der Leber oder im Gekröſe erfüllt ihre eigne Lebensaufgabe niht, wenn das Kaninchen eines natürlichen Todes ſtirbt. Wird aber das infizierte und von der Marktpolizei niht beanſtandete Schweinefleiſh roh oder ſehr unvollkommen zubereitet vom Menſchen genoſſen, wandert das Kaninchen in den Magen eines Hundes, die ebenfalls mit einem eignen Blaſenwurm geſegnete Maus in den Magen einer Kaße, ſo findet nun der Übergang des Blaſenwurms in den eigentlihen VBandwurm ſtatt. Die erſte Veränderung iſt das völlige Hervortreten des Kopfes, welcher ſehr bald die zweite, das Abfallen der Shwanzblaſe, folgt, welhe einfah verdaut wird. Der Kopf mit ſeinem Halſe iſt nun ein eignes, ſelbſtändiges Weſen, die Zwiſchengeneration der Amme, welche aus dem Magen des Wohntieres bis zu einer gewiſſen Stelle des Darmkanals hinabgleitet, wo ſie ſi< fixiert und die Schlußgeneration, die Geſchlechtstiere unter der Form von Knoſpen und Gliedern, hervorbringt. Es folgen ſich alſo, um das Bisherige no<hmals kurz zuſammenzufaſſen, im Leben des Bandwurmes folgende mit wiederholtem Wohnungswechſel verbundene Zuſtände: der ſe<hshakige Embryo, der Blaſenwurm, der VBandwurmkopf ohne Glieder, der eigentlihe Kettenwurm und das iſolierte Glied oder Geſchlehtstier; da jedoch die ſe<hshafkige Larve direkt in die Blaſe übergeht, der Bandwurmkopf an dieſer als Knoſpe entſteht und dieſer der Boden iſt, aus welchem die Glieder hervorwachſen, ſo ſind im Grunde drei Generationen zu unterſcheiden, von denen aber nur die leßte geſ<le<tli< entwidelt iſt, während die beiden vorhergehenden die vorbereitenden Stufen ſind.

Nach dieſen unumgänglichen Erörterungen werden wir nun die Verhältniſſe, unter welchen eine Reihe Arten der Gattung Bandwurm (Taenia) vortommt, leiht auffaſſen. Wir betrachten zuerſt mehrere, deren Blaſenwurmform, früher mit dem Namen Cysticercus, Finne, bezeihnet, aus einer Blaſe mit einem einzigen Kopfe beſteht. Die wichtigſten darunter für uns ſind natürli diejenigen, welche am häufigſten im Menſchen ſih anſiedeln. Am längſten und genaueſten iſt die Taenia solium (f. Abbild. S. 180, Fig. a u. Þ) befannt. Sie erreicht eine Länge von 2 bis über 3 m. Der Kopf gleiht etwa dem Knopfe einer mittelgroßen Ste>nadel. Auf dem Stirnvorſprung ſteht ein Kranz von zweierlei Haken, welche ſi<h dur< ihre gedrungene Form von denen anderer Tänien, die man mit dem menſchli<hen Bandwurm in eine Art hat zuſammenreihen wollen, gut“ unterſcheiden. Der Hals iſ ungefähr 15 mm lang, und die Zahl der die Kette bildenden unreifen und reifen Glieder beläuft ſi<h auf 700—800 und mehr. Die Geſtalt der Glieder iſt in den verſchiedenen Stre>en ſehr ver]hieden. Erſt in der leßten Stre>e nehmen ſie eine entſchieden längliche Form an, indem zugleih auh mit zunehmender Dicke der Eiſchalen der verzweigte Eihalter dur<ſcheint. Man braucht nur ein ſolches reifes Glied zu ſehen,

um mit Gewißheit ſagen zu können, ob das mit dem Bandwurm behaftete Fudividuum die 12*