Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

48 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer;, Familie: Aſtaciden.

geeigneten Orten neben dem Edelkrebs, iſt aber die einzige Art für England, die Jberiſche Halbinſel, das Hochgebirgsland Deutſchlands und Öſterreich:Ungarns. Eine dritte Forn (Astacus leptodactylus) bewohnt alle Flüſſe nebſt deren Gebieten, welche in das Schwarze, Aſowſche Meer und in den Kaſpiſee münden. Neuerdings iſt ſie auh in den Stromgebieten des Finniſchen und Weißen Meeres infolge von Kanalverbindungen derſelben mit der Wolga 2c. erſchienen und fängt an, den Edelkrebs zu verdrängen.

Jm Kaſpiſchen Meere lebt eine weitere Naſſe (A. pachypus), ebenſo (A. angulosus) in den Gebirgsbächen der Krim und des nördlichen Abhanges des Kaukaſus und in den unteren Teile des ſüdlih vom Kaukaſus verlaufenden und ſich bei der kleinen Feſtung Poti in das Schwarze Meer ergießenden Rion. Fn Sibirien kennt man Flußkrebſe aus dem Amur, daun findet man ſie in Japan, aber ſie fehlen, abgeſehen vom Fluſſe Rion, dem ganzen übrigen Aſien und in ganz Afrika.

Jn Nordamerika findet ſi<h öſtlih vom Felſengebirge, von Kanada bis Florida und Mexiko (ob au< in Cuba, iſt no< zweifelhaft) eine andere, Astacus nahe verwandte Gattung, Cambarus, von welcher höchſt merfwürdigerweiſe eine verſprengte Art in den Höhlenſyſtemen Krains und des Karſtes auſtritt. Das iſt um ſo merkwürdiger, da auch in der großen Mammuthöhle in Kentu>y ein Cambarus lebt, blind wie jener und ihm über: haupt ſehr ähnlich.

Die Lebensweiſe ſ{hcint bei Cambarus, bei manchen Arten wenigſtens, von der des Geſchle<htes Astacus abzuweichen. Tarr beobachtete, daß ſich C. Diogenes (wohl identiſ< mit C. Bartonii) in dex Erde zeitweilig überſ<hwemmter Wieſen einen ſenkre<hten Gang anlegt, der no< einen oder mehrere ſchräge Seitengänge hat. Die äußere Öffnung des Ganges liegt niht zu ebener Erde, ſondern auf einem Kegel, der um fo höher iſt, je weiter ſih die ganze Anlage vom Fluſſe befindet. Natürlich, denn um ſo tiefer muß der Krebs graben, bevor ex auf genügend feuchten Untergrund ſtößt, und deſto mehr Erde muß er herausſ<affen, folglih wird der Mündungskegel um ſo größer. Der Bau wird von einem Pärchen na<h Ablauf des Waſſers und erfolgter Begattung angelegt, und in ihm durhlaufen die Jungen ihre Entwi>elung. Übrigens treten die Männchen dieſer Gattung in zwei Formen auf (Hagen).

Huxley faßt die Flußkrebſe der nördlihen Erdhälſte als eine beſondere Gruppe (Potamobiidae) auf, denen er die Parastacidae der ſüdlichen gegenüberſtellt. Dieſe haben im mittleren Südamerika auf beiden Küſten, auf Neuſeeland, den FidſchizFnſeln, in Tasmanien, Auſtralien und endlih auf Madagaskar Vertreter. Huxley neigt zu der Anſicht, daß ſi< die Potamobiidae und Parasticidae unabhängig aus zwar nahe verwandten, aber doch verſchiedenen Meeres formen entwi>elt hätten, welche auf der nördlichen und ſüdlichen Erdhälſte ſelbſtändig das ſüße Waſſer aufgeſucht hätten.

Bis vor kurzer Zeit war der Hummer diejenige maritime Kruſtaceenform, welche man als nächſte verwandte des Flußkrebſes kannte. Die modernen Tiefſeeforſhungen haben aber unſere Kenntnis auh in dieſer Hinſicht erweitert. Eine durch ſie bekannt gewordene Form iſt die wundervolle Thaumatocheles Zalenuca, welche ihr erſter Beſchreiber, von Willemoes-Suhm, geradezu der Gattung Astacus beire<hnet. „Sie hat ein abgeflahtes, na< hinten ſih verbreiterndes Abdomen, deſſen leßtes Segment breiter als das ſeitlih zuſammengedrü>te Bruſtſtük iſt. Die Scheren ſind ſehr lang und zart, innen mit zahlreichen ſpizen Zähnen beſet und erinnern lebhaft an die Mandibeln eines chileniſchen Hirſchkäfers (Chiasognathus Grantii). Aug dieſes aus den weſtindiſhen Gewäſſern (Tiefe 822 m) fommende Tier iſt vollkommen blind, und Wyville-Thomſon bemerkt, daß ſi<h am Vorderrande des Kopfſchildes, an der Stelle, wo ſonſt bei der Aſtaciden die Augen zu ſiben pflegen, zwei leere Räume finden, die ausſehen, als ob ein Operateur die Augenſtiele mit