Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

als reine Privation. Sünde ist das für den Bereich Gottes, des Seins, Inhomogene, das reine Nichts. Daher heißt es von den Sündern, sie seien nicht und seien ein reines Nichts®®). Das ist wiederum eine Konsequenz aus dem logischen Schema von Sein und Nichts.

Die Wesenszuordnung von Gott und Sünder zu Sein und Nichts führt zu zwei außerordentlich bedeutsamen Folgerungen. Sein und Nichts sind sowohl total von einander getrennt wie total auf einander hingeordnet. 1. In der Weise ist die Trennung Gottes vom Sünder eine absolute, so daß Gott, der nur in sich selber wirkt und ganz in sich beschlossen ist, den Sünder nicht bereichen kann und ihn nicht einmal kennt‘), ihn also auch nicht bestrafen kann, denn die Strafe ist ein malum, ein Nichts, Gott aber ist wesenhaft und einzig gut und nur die Ursache des Seins, und, da ens und bonum konvertibel sind, somit des Guten. Eckhart führt hier ähnlich wie bei dem Sündenbegriff durch eine einfache Auslassung eine fundamentale Umdeutung herbei"). Es geht dabei um die Frage, ob Gott Urheber des Bösen sein könne. Der Heilige Thomas unterscheidet das malum culpae vom malum poenae und spricht das erstere Gott ab, die Urheberschaft des letzteren ihm aber zu, da es die Gerechtigkeit erfordere, die Sünder zu bestrafen. Diese Unterscheidung beruht wiederum auf ontologischer Begründung des Gottesbegriffs. Da Eckhart ihn logisch, d. i. als Gesetzesbegriff bestimmt, ist es für ihn ein Widerspruch, GottSein Ursprung eines malum sein zu lassen, dessen Wesensbestimmung das reine Nichts ist, denn das Nichts hat keine Ursache, es ist reine Privation. Daraus ergibt sich die fundamental neue religiöse Einstellung: Gott ist kein Gott der Strafe, der über begangene Sünden zu Gericht sitzt. Die Sünde ist vielmehr Strafe in sich selbst‘) und der Zorn Gottes entspringt nicht aus der beleidigten Gerechtigkeit, also aus einer Beleidigung Gottes selbst, sondern Gott zürnt über den Verlust unserer eigenen Seligkeit®”). Da durch die Sünde Gott selbst nicht berührt ist, kann er auch unsere Sünde nicht vergeben, sondern wir müssen selber uns reinigen und unser Gewissen ist für uns der Richter‘). Das Mittel der Reinigung von aller Sünde ist das Leid:

6) III 356, 11: 379,58, 168; 580, 1—9: IV 265,25 f, 282, 22. ZfdA 69 (1952): Bremen ce. 18 Nr, V z. 25: alliz daz uz vme vellit (sc. Gott), in ist nicht. darumme in sint di sunder niht und sint tot. (ed Brethauer p. 265).

7) IV 547,25, 549,25; ZfdA 69 (1952) p. 265 z. 30 f; cf. 82: 262, 40 f.

648) II] 355, 3—556, 20.

sa), Pf. 86: 277,15 ff.

650) Pf. 10: 54,28.

#51) Pf. 107: 349, 52 ff.