Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

zu führen bestimmt ist”), denn die Sünde hat für den Menschen nicht mehr den Sinn und die Bedeutung der armseligen Schwachheit, und er ist in ihrem Bann nicht mehr die „Arme-SünderSeele“ in der ganzen Niedriekeit der Verworfenheit, sondern die Sünde ist der eigentlihe Wecker und Motor seiner sittlichen Kräfte, das Siegesfeld zur Bewährung seines Adels und seiner Ehre: „wan ye der stryt merer und stercer ist, ye ouch der syg und die ere des siges groesser und loblicher ist” (RdU. 52, 20 #). Darum straft Gott den Menschen nicht wegen seiner Sünde, sondern er schickt ihn gerade in den Kampf mit ihr hinaus, damit er sich bewähre und stark werde im Kampf mit ihr“). Wenn er aber unterlegen ist, soll er nicht angst- und furchterfüllt zu Gott zurückkommen“) und ihn etwa um Gnade anflehen, denn Gott wartet schon sehnend auf die Rückkehr des Sünders und deckt mit seiner Liebe alle Sünde zu, denn er braucht ihn zur eigenen Wesenserfüllung. Er vergibt ihm lieber große Sünde als kleine‘”), weil mit der Intensität der Kreaturgebundenheit aucı die Intensität der Gottesbindung wäcst. Damit ist die Askese und die Weltflucht grundsätzlich abgetan und die volle Bejahung der Welt mit allen ihren Dunkelheiten ausgesprochen, weil erst in der Dunkelheit das Licht seine Leuchtkraft bewähren kann.

V. Die Frucht der Korrelation. 1. DieSeligkeit.

Durch den Vollzug der Korrelation ist derjenige Zustand erreicht, auf den alles religiöse Bemühen geht: die Seligkeit, das ewige Leben. Das Wesen der Seligkeit läßt sich somit von zwei Seiten her bestimmen: aus der Wesensbestimmung der Korrelation und aus dem Begriff der Ewigkeit. Die Korrelation ist polare Transcendenz, die in der Selbstreflexion des logos entsteht. Die polare Einheit realisiert sich also in der Erkenntnis. Daher ist die Einheit mit Gott in der Erkenntnis, und zwar nicht im psychologischen, sondern im logischen Sinn, der Ausdruck der Seligkeit®“). Eckhart macht darin wiederum ein johanneisches Motiv lebendig, das zwar die Scholastik auch zur Bestimmung der Seligkeit verwandte, das von Eckhart aber erst durch die

854) BeTr. 14,51 ff; RAU. 14,52, 21,17, 20,52 f, 45,10.

855) BeTr. 51,37 ft.

856) cf. Pf. 69: 221,34; 88: 287,27; 75: 235, 21.

57) Pf. 40: 135,19 ff; RdU. 22, 11, 23,27, 24, 14 ff.

858) Pf. 41: 158,15: 65: 206,10: 69: 221,6; 79: 256,11; 84: 270,40 ff, 272,7; 87: = Qu. 56, 8.

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