Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Die Theologie Meister Eckharts

1. Weil

Die Relation Gott - Kreatur

I. Inhaltsbestimmung des Gottesbegriffs.

Vergleiht man Eckharts spätere Schriften mit den Pariser Quaestionen, so scheint sich dem flüchtigen Blick in der Bestimmung des Gottesbegriffs ein scharfer Umschlag vollzogen zu haben. Konnte er sich dort gar nicht genug tun, Gott das Sein abzusprechen, so möchte es um so verwunderlicher erscheinen. wenn er jetzt im Prolog zu seinem lateinischen Hauptwerk, dem Opus Tripartitum, als erste Propositio die I'hese verficht: Esse est Deus, welche Anschauung sich durch alle späteren Schriften hindurchzieht. Es zeigt sich allerdings, daß hier keineswegs ein Umschlag in der Lehrauffassung vorliegt, sondern lediglih ein solcher der Bezeichnungsweise, und daß diese Umbildung der sprachlichen Bezeichnung nur der Ausdruck ist für die konsequente Durchbildung der in der Pariser Quaestio in ihren Grundzügen vorhandenen idealistischen Haltung und zugleich die völlige Absage an die Seinsmetaphysik bekundet. An die Stelle von Erkennen und Sein ist jetzt das Begriffspaar Sein und Nichts mit seiner respektiven Zuordnung zu Gott und Kreatur getreten. Der Begriff des Seins hat denselben Bedeutungsinhalt wie in der Pariser Quaestio der des Erkennens; der Begriff des Nichts, im privativen Sinn verstanden, denselben wie dort der des Seins. Von Gott gilt auch jetzt noch: natura Dei est intellectus et sibi esse est intelligere (Den. 555,5). Sein Wesen ist intellectualitas (III 528,1 ff); denn dort hatte Eckhart auch gesagt: si tu intelligere velis vocare esse, placet mihi; jedoch komme das Sein Gott nur zu durch das intelligere. Er bestimmte sodann Gott durch den Begriff der puritas essendi. Dieser Begriff wird, nachdem der Gottesbegriff vor aller Gefahr der Vermischung mit dem Begriff des Daseins geschützt worden war, die Brücke gebildet haben zu der These: Esse est Deus. Das esse wurde dann verstanden im Sinn des „reinen Seins“, des esse purum, des logos. Das bezeugen mancherlei Texte“):

#) Auch Koch (M. E. u. d. jüd. Rel. Phil. d. MA's p. 144 n. 5) und Hirsch (Theol. Lit. Ztg. 55 (1928) p. 45) vertreten die Ansicht, daß Eckhart den ursprünglihen Gedanken von der Seinslosigkeit Gottes beibehalten hat.

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