Die Französische Revolution

104 Drittes Kapitel.

beläßt "). Jt das ein Anfall vvn Schwäche bei einem Fürſten, der auf ſeine Würde ſo ſtolz war und der die Abgeordneten des dritten Standes an Empfindlichkeit eher no<h übertraf? Was hätte ihm jedoch jeßt Oppoſition genützt, da er der Truppen niht mehr ſicher war, um jene auf die Knie zu zwingen und ihnen dann vielleiht Gnade zu gewähren? Könnte man nicht eben aus Ludwigs Empſindlichkeit folgern, daß er ſeine Rache auf eine gelegenere Zeit hat aufſparen wollen? Unwahrſcheinlich iſt es nicht, und hoffentlih werden wir alsbald für unſere Mutmaßung die Beſtätigung finden.

Mag auch Necker in dieſem entſcheidenden Augenblicke ſeinen König im Stich gelaſſen haben, das Gute hatte ſein Fernbleiben doh, daß dadurch der Regierung die Möglichkeit gegeben wurde, wieder mit dem Volke anzuknüpfen: nachdem eine Beratung mit Marie Antoinette und mit Ludwigs Brüdern ?) voraufgegangen war, lehnte Ludwig XVT. Neckers Entlaſſungsgeſuch ab, und dieſer, jeht erſt ſo re<ht vom Volke in ſeinem Werte als liberaler Mann ?) erkannt, konnte und mußte von nun an freiſinnig regieren, um die hohen Anſprüche der Franzoſen zu befriedigen. Denn ſchon die Nachricht, daß Ne>er weiter im Amte bleiben würde, hatte die Trauer in überlaute Freude verwandelt, und der Abend beſtätigte, daß jener ſo populär war wie ſeit lange nicht mehr: furz, eine Shwenkung Ne>ers ſchien mit das Ergebnis dieſes Tages zu ſein. Es iſt jedoch hervorzuheben, daß jebt die liberale Partei allein ſhon ſtark genug war, um die Geſchäſte zu führen *).

Andrerſeits wünſchte Ludwig die alte Poſition aus eigener Kraft wiederzuerlangen ®); in dieſer Richtung wirkte das Gerücht von einem gegen ſeine Perſon geplanten Attentat noh mit ®). Entweder warf ſich jet der König in eine Feſtung, die eine ſichere Gegend beherrſchte oder er ſuchte durch einen großen militäriſchen Schlag die Widerſpenſtigen zu zähmen. Die Pariſer und Verſailler Garniſonen, die ſchon lange auf

1) Hat er do< no< einmal die Privilegierten briefli< zum Anſchluß an den Tiers aufgefordert.

2) Span. Arc. 3992 — 24. Juni 1789. Nach Bailly aber hat die Königin den Miniſter zu ſi< rufen laſſen.

3) Dieſe gute Wirkung hat alſo Ne>ers Behauptung, daß der Geiſt der beiden Projekte verändert worden ſei, do< gehabt.

4) Barante, Einl. S. 100.

5) Necker, der jetzt ſeine liberalen Verſprechungen einzulöſen hatte, durfte davon nichts wiſſen.

6) Span. Arch. 3392 — 29. Juni 1789.