Die Französische Revolution

Sieg der Revolution. Aufbau des neuen Frankreich. 145

und ſeine Gemahlin ſie „cin Gewebe von Ungereimtheiten“ ") nannte, ſo beſtätigte ſie Ludwig am 14. September 1791. Was war das hier für den Erben Ludwigs XIV. für eine Demütigung, als ihm in der Sihung niht mehr Ehre erwieſen wurde als dem Präſidenten der Nationalverſammlung, als die Abgeordneten ſizend ſeiner Rede zuhörten! Sollte er ſih ſo etwas gefallen laſſen? Ranke ?) nahm an, er hätte unterſchrieben, um ſeine Herrſchaft zu behaupten und um ſich populärer zu machen ®). Das wäre zu billigen geweſen, wenn er jetzt jede Oppoſition gegen den neuen Verlauf der Dinge hätte aufgeben wollen. Daher müſſen wir Kauniß ‘) beiſtimmen, wenn er dieſe Haltung des Königs feige nennt, oder ſie als hinterliſtig bezeichnen. Jedoch nicht viel beſſer als der König war ſeine Gemahlin, Nachdem ſie für Aufhebung der ſeit 1789 eingetretenen Änderungen geweſen war *®), ſchrieb ſie Ende Juli nah Wien einen den Lameths ®) genehmen Brief. So ſuchten beide vor ihrem Volke den Schein aufrecht zu erhalten, als hätten ſie ſich in ihre neue, durch die Verfaſſung beſchränkte Stellung geſunden. Überdies zeigte au<h Ludwig ſeinen Kollegen auf den Thronen Europas die Annahme der Verfaſſung an. Jebt, nachdem ſich Öſterreich und Preußen in Pillnig (27. Juli) über Maßnahmen gegen die Revolution geeinigt hatten! Dadurh wurde in vielen der Glaube geſtärkt 7), daß jener jeßt mit der Konſtitution arbeiten wolle: der Kaiſer Leopold hielt ſih von allen Verpflichtungen entbunden *), der König Georg von England erwiderte Ludwig auf jene Anzeige, daß er für Frankreich jezt ein Zeitalter dec Ruhe und der Harmonie unter den Bürgern erhoffe ®?). Schon gab es Franzoſen, welche unter

1) Brief vom 7. Auguſt (Arne th Nr. 114).

2) „Revolutionskriege“, S. 122—123.

3) Er ſelber ſchrieb: „J'ai un devoir y souscrire pour n'être pas la causge des plus grandes troubles et regagner par Ià la confiance“.

4) 4. Sept 1791 (Vivenot, Quellen zur Geſchichte der deutſchen Kaiſerpolitik Öſterreichs [Wien 1873], Bd. 1, S. 242).

5) Unſere Ausführungen haben das wohl dargetan. Siehe auß Glagau a. a. O. S. 11. 66. 165.

6) Sie gehörten mit zu den damaligen Machthabern (Glagau S. 24—26). Wir bewundern hier der Fürſtin Verſtellungskunſt, die ſi< au< gegenüber dem liberalen Miniſterkandidaten Ségur zeigte.

7) Das franzöſiſche Volk und die Fürſten Europas konnten alſo jet Ludwig XVI. für einen fonſtitutionellen Fürſten halten. Siche Barante S. 169 und Karl Friedrichs Politiſhe Korreſpondenz Bd. T1, S. 402—404.

8) Salomona. a. O. Bd. IT, S. 533. 9) Span. Ar. 3969 — 14. Nov. 1791.

Scheibe, Die franzöſiſche Revolution, 10