Die Französische Revolution

84 Drittes Kapitel.

Ziele zu gelangen, beſchuldigte man jenen, er habe ſich aus der Staatsfaſſe bereichert. Damit nicht genug! — auh Ne>ers Kollege Montmorin ſollte in ſeinen Sturz verwielt werden, und wir hätten Grund an den Angaben unſeres Gewährsmannes, des Miniſters von Puyſegur zu zweifeln, wenn deſſen Wahrheitsliebe nicht über allen Zweifel erhaben wäre und er ſelbſt nicht an den betreffenden Beratungen teilgenommen hätte; mit ihnen hatten ſich die früheren Mitglieder des Parlaments verbunden zur „Aufhebung der ungeſeßlich (!) berufenen Reichsſtände !)“. — Wem ſollte aber nah dem Sturze Neers die Leitung der Geſchäfte übertragen werden? Daß Bretueil wieder als der fommende Mann angeſehen wurde iſt ſicher; nicht in dem Maße ausgemacht iſ, was mit den Reichsſtänden geſchehen ſollte. Die einen aus der Hofpartei traten für ihre Auflöſung ein, wodurh der Staatswagen , der durch die Ereigniſſe nah dem 5. Mai in den Sumpf gefahren war, wieder auf gebahnte Wege gelangen konnte ?); andere waren für eine Séance royale. Auch wollte man die Führer des Tiers, etwa Mirabeau, aufheben ?). Beide Maßregeln hätten mittelbar eine Rückkehr des Königtums zum alten Ständeſtaat und ſeine Rückkehr in das Joch der hohen Ariſtokratie bedeutet.

Nun traf es ſich, daß die Krankheit des Kronprinzen ſih immer mehr verſchlimmert hatte ‘*) und daß dadurch das Intereſſe des unglücklichen Vaters ganz und gar in Anſpruch genommen wurde *); ſchließlih machte dem Leiden des Sohnes in der Nacht vom 3. zum 4. Juni der Tod ein Ende. Ohnehin fehlte es Ludwig an FJnitiative; in dieſer Zeit aber war er durch das Unglück in der Familie völlig gebrochen. Tagelang verließ er ſein Zimmer nicht, ſelbſt nicht um der ihm ſo lieben Jagd zu huldigen ; tagelang war er für niemanden zu ſprechen, ſelbſt nicht für den Vertreter des jüngeren bourboniſchen Hauſes ©); wochenlang waren ſeine Gedanken bei dem verſtorbenen Kinde.

1) Siehe S. 83, Anm. 7. 2) Relations des événements, 16. Juni.

3) Span. Arc. 3392 — 11. Juni 1789.

4) Schon an den Feierlichkeiten zur Eröffnung der Reichsſtände hatte er niht teilnehmen können ; ſein Befinden war dann von Tag zu Tag \hle<ter geworden (Span. Arch. 3392 — 15. und 18. Mai, 29. Juni 1789). — Über zwei Monate ſollte die Trauer dauern.

5) Sepet a. a. O. Bd. II, S. 31.

6) Bis Mitte Juni wurden überhaupt keine diplomatiſchen Vertreter vorgelaſſen. Nur einmal wurde eine Deputation des Tiers empfangen. (Span. Ar<. 3392 6., 8. und 15. Juni).