Die Französische Revolution

90 Drittes Kapitel.

wir ihn verſtehen: während den Staat des 19. Jahrhunderts Fürſt und Repräſentativverſammlung leiten, ſollte da nur der machtvolle Wille des Fürſten gelten. — Aber wenn nun die Reichsſtände ſich ſträubten, mit der Aufhebung der Privilegien ihre Arbeit zu beginnen? Der König hatte ja erklärt, er werde dann allein ſih den Weg zu ſeinem Ziele bahnen, und da es darüber zu erneuten Schwierigkeiten kommen mußte, — wenn etwa die Reichsſtände ſich mit dem Mitberatungsrecht nicht zufrieden gaben und ein Mitregierun gs recht verlangten, ſo war die Frage, ob der König den Bürgerſtand hinter ſich hatte oder ſeine Pläne mit Waffengewalt durchführen würde. Das war aber nicht möglich ohne ein tüchtiges und ſicheres Heer. Dieſes aber gab teilweiſe ſeit einigen Monaten zu bitteren Klagen !) Anlaß: infolge unpünktlicher Auszahlung der Löhnung und infolge der mitunter ziemlich ſtrengen Behandlung der Soldaten war die Diſziplin geſunken. — Es mußte nun Ne>ker in dieſem Fall den Tiers zu gewinnen ſuchen. Sein Programm, geſtehen wir offen, war kaum dazu angetan, die dauernde Gunſt dieſes Standes zu erwirken ?), troß der Sympathien, die Necker hier zum Teil noch hatte. Denn ſchon durch die Aufhebung der Erklärung vom 17. Juni mußte er verletzten ®?). Daß er ihm auch weiterhin die Macht im Staate nicht anvertrauen wollte, würde den Zwieſpalt nur verſchärft haben.

Würde andrerſeits Ne>er mit ſeinem Programm den Anſprüchen des Adels gerecht geworden ſein? Schwerlih. Wenngleich er ihnen manches Vorrecht perſönlicher Natur wahrte, was bedeutete das nach dem Verluſt der Steuervorrechte bei Herren, welche ihr Jdeal im mittelalterlichen Adelsſtaat erbliten ?

Alſo dreierlei Meinungen, dreierlei Ziele: Ne>er als Verteidiger, ja als Mehrer der abſoluten Macht; der Tiers, deſſen Wunſch mehr der moderne Staat in unſerem Sinne war; Adel und Klerus, die das Ziel ihrer Sehnſucht in längſt vergangenen Zuſtänden erblickten.

Was ſollte nun der König tun? Sollte er ſih dem Miniſter anſchließen, der durch ſein Zaudern die Krone in eine bedenkliche Lage gebracht hatte, der aber am eheſten die Mittel beſaß, die abſolute Monarchie auf eine neue Grundlage zu ſtellen? Sollte er zu der Hof-

1) Siehe oben S. 70.

2) Auch Bailly und Malouet zweifelten von vornherein daran, daß dieſer Entwurf Eindru> machen würde; — troß mancher fortſchrittliher Beſtimmungen.

3) Und davor war, wie no< zu erweiſen iſ, Ludwig doh bange.