Die Physiognomie des Menschen

Schaf mit der Seele des Hundes oder des Löwen gesehen, immer werden Wolf und Schaf die ihnen entsprechenden Seelen besitzen. Es ergibt sich also die Folgerung, daß ein bestimmter Körper immer eine ganz bestimmte Seele haben muß.

2. Kapitel:

Über die Beurteilung der Anlagen unvernünftiger Tiere nach ihren Körpermerkmalen.

Auch die Eigenschaften und Anlagen der Tiere kann man aus dem Körperbau erkennen. Jäger und Vogler wählen nach Xenophons Bericht zur Jagd und Zucht große, stattliche Hunde aus und bevorzugen die, welche leichte Köpfe haben, platte Nasen, kräftige Muskeln, stolze, schwarze glänzende Augen, große, breite Stirnen, kurze, zarte Ohren, ein schlankes Hinterteil und biegsame, lange, schmiegsame Hälse. Plato, Oppianus und Pollux loben ein aufrechtes und wohlgegliedertes Pferd mit hartem Schädel, kleinen Kinnbacken, feurigen, tiefglühenden, vorstehenden Augen, die sie für wachsamer halten als tiefliegende, mit schwarzem Leib, kurzen, kleinen Ohren, großem Haarwirbel und gebogener Schnauze; weit offene Nüstern schätzen sie höher als geschlossene, da der Atem dann einen größeren Zugang habe. Der Hals solle nicht zu kurz ansetzen und wie beim Schwein vor der Brust abwärtshängen, sondern sich wie bei den Vögeln nach oben strecken und schlanker werden, damit der Kopf beweglich sei; der Hals des Pferdes gehöre vor den Reiter, die Augen aber müßten nach unten schauen, Virgil beschreibt folgendermaßen die Vortrefflichkeit eines Pferdes: „Immer mit stolzer Brust und biegsam elastischen Schenkeln springt auf der Weide das Füllen. Kühn läuft’s zuerst auf der Straße, schwimmt durch den drohenden Fluß und vertraut sich der fremden Brücke. Kein Geräusch macht es scheu, es hat einen stolzen Hals, edel geformten Kopf, einen

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