Die Physiognomie des Menschen

tet in seinem Buch „Von den Körperteilen der Tiere“, die seelischen Eigenschaften hingen von der Körpermischung ab. Dickes, heißes Blut bringt größere Körperstärke, dünnes, kaltes Blut dagegen läßt leichter denken und erkennen. Genau denselben Einfluß hat die Blutmenge, weswegen die Bienen und andere blutarme Tiere talentvoller sind als selbst manche Tiere mit kälterem Blut. Am besten ist es um die Tiere bestellt, die warmes, dünnes, reines Blut haben. Die Art der Tiere ist also gemäß der Beschaffenheit ihres Blutes verschieden. Der Stier und der Eber z. B. sind so mutig, weil sie glühendes Blut haben. Galen meint in seinem Buch „Die gegenseitige Abhängigkeit der Strukturen von Seele, Charakter und Körper“ zu der innigen Verbindung von Körper und Seele, es hänge die Seele nicht nur von der Zusammensetzung des Körpers ab, sondern sei selbst die gleichmäßige Mischung aller Körpersäfte, der Feuchtigkeit, Trockenheit, Wärme und Kälte. Die richtige Mischung habe einen guten, die schlechte einen schlechten Charakter zur Folge. Seine Lehre wurde fast überall mißbilligt, und einmütig war man der Ansicht, der Charakter wandele sich nicht nur mit dem Aussehen des Körpers, sondern hänge auch von der Art der Nahrung, der Wohnung usw. ab, aus übermäßig viel phlegmatischem Schleim im Gehirn entstehe der Irrsinn, aus schwarzer Galle der Trübsinn und aus dem Phlegma, einer zähen, wässerigen Flüssigkeit, die Schlafsucht. Andere glaubten richtiger nach festen Zeichen urteilen zu sollen als nach der Mischung der Säfte. Nach Hermes"), der sich zu den Physiognomikern rechnete, sind alle Charakterzeichen auf Eigenschaften der Grundbestandteile zurückzuführen und können keine anderen Ursachen haben, als die zugrundeliegende Eigenart. Oft seien Choleriker, die doch ihrer Mischung nach vor Betrübnis vergehen müßten, guter Laune und heiter und Sanguiniker, die warmherzig und großzügig sein müßten,

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