Die Physiognomie des Menschen

wächst des Menschen Gedächtnis bzw. Vergeßlichkeit; wenn es weder zu heiß noch zu kalt ist, sondern die Mitte einhält, entsteht ein gutes Gedächtnis, wenn es aber kalt ist, entsteht Vergeßlichkeit, gleichwie ein kühles Gehirn schläfrig macht, brennendes Fieber aber verwirrt. Lukrez sagt hierüber folgendes: „Hitzig im Zorn brennt die Seele, im Auge funkelt ein Feuer. Furcht hat ein kaltes Herz und zieht die Glieder zusammen. Ruhiger Atem und Geist gehören zum ernsten Gesicht. Wer große Hitze hat, ist zornig und unüberlegt. Etwa der hitzigen Löwen schrecklicher Zorn und Wut hat in der Brust keinen Platz und befreit sich in gräßlichem Brüllen. Aber die kältere Seele der Hirsche läßt sie erschauern, furchtsam zittern sie dann und beben an allen Gliedern. Zwischen beiden lebt ruhig.das Rind mit gelassener Seele, weder Feuer noch qualmender Rauch noch schreckliche Pfeile, nichts raubt die Ruhe ihm, immer bewahrt es den Gleichmut.“

8. Kapitel:

Von unseren Körpersäften und ihren Beziehungen zum Charakter.

Viererlei Feuchtigkeiten finden sich im menschlichen Körper: Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Quelle des Blutes ist das Herz. Blutreiche Menschen haben einen wohlgenährten Leib und hellrote, gesunde Farbe, sie sind schön von Gestalt und Gesicht, lieblich anzusehen und heiter und fröhlich. Daher sagt Hippokrates, Traurigkeit und Heiterkeit hätten ihren Grund in der Beschaffenheit der Elemente; wer reines Blut habe, sei auch freudig gestimmt. Homer leitet die Fröhlichkeit aus der Menge der Wärme her. Plinius nennt die Tiere mit vielem fettem Blut zornmütig, die mit dickem tapfer, mit dünnem verständig; furchtsam nennt er die Tiere mit wenig Blut, stumpf und dumm aber die, welche gar keins haben; die Esel

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