Die Physiognomie des Menschen

hätten das fetteste Blut, die Menschen das dünnste. Beim Menschen ändert sich die Wirkung des Blutes mit den Gemütsbewegungen, z. B. Scham, Zorn, Furcht oder anders begründetem Erblassen und Erröten. Die Röte des Zornes ist anders als die der Sittsamkeit. In der Furcht flieht das Blut und ist nirgends mehr zu sehen. Der Schleim hat seinen Sitz im Gehirn. Bezeichnend für ihn sind blasses Fleisch bei im übrigen dunkler, safrangelber Farbe, Beweglichkeit, Leichtsinn, schneller Verstand und Neigung zu Zorn. Zu viel dunkle Galle macht braun, träge, kleinmütig und furchtsam. Zwar haben solche Leute einen scharfen Verstand, lassen sich aber leicht von Zorn und Wut hinreißen, wie Plato in seinem Buch „Über die Wissenschaft“ schreibt. Demokrit bestätigt, daß die geistreichsten Menschen oft von der größten Wut geplagt sind. Loxus“‘) nennt die Schwarzgalligen traurig und schwermütig, weil ihr Geist dunkel sei und ihre Wärme gering und der ins Gehirn dringende Dunst schreckliche Gebilde und Erscheinungen hervorrufe, Die Blutvollen nennt er heiter wegen der Klarheit ihrer Seele, die Phlegmatiker seien träge und durch keine Gefahr aus der Ruhe zu bringen, da ihre kalte Feuchtigkeit nicht aufwallen und kochen könne. Die Schwarz- oder Gelbgalligen hält er für sehr zornmütig. Die schwarze Galle hat zwei Arten, die natürliche und die gebrannte. Die natürliche Galle ist der dickste und trockenste Teil des Blutes, die gebrannte Galle wird in vier Unterabteilungen geschieden, je nachdem sie entsteht aus dem Brand der natürlichen Schwarzgalle oder des reinen Blutes oder der gelben Galle oder des salzigen Schleimes. Diese vier Arten schaden der Urteilsfähigkeit durch Wut, Leidenschaft, Tollheit und Dummheit. Die natürliche schwarze Galle allein schärft das Urteil. Jedoch ist das nicht falsch zu verstehen: wenn sie nur schwarz und dick ist, ruft sie Stumpfheit hervor, mit Schleim vermischt erzeugt sie Trägheit; wenn zu wenig von

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