Die Physiognomie des Menschen

betrügerisch, das Schaf dumm, der Bock träge, das Schwein unflätig und gefräßig, und also stimmt auch das Bild der Vögel und Kriechtiere mit ihrer Art überein. Ähnelt ein Mensch mit irgendeinem Körperteil irgendeinem Tiere, so muß er dem auch in seiner Art irgendwie entsprechen. Schöne, mäBig tiefe Augen werden an den Löwen erinnern, sehr tief liegende eignen einem boshaften Sinn wie bei den Affen, große, flache gleichen den Kuhaugen, vorstehende endlich wie die der Esel deuten auf Unverstand und Unbilligkeit.

10. Kapitel:

Widerlegung des Trogus; die Abhängigkeit des menschlichen Charakters von verschiedenen Himmelsgegenden.

Trogus benutzt bei der Bestimmung des Charakters nach den verschiedenen Eigentümlichkeiten des Himmels eine ähnliche Methode wie die soeben erörterte, die die Eigenschaften der Menschen nach dem Aussehen und der Art der Tiere untersucht. Um nun den Verdruß des Lesers nicht durch eine weitere neue Lehre zu erregen, wollen wir sie hier nicht in ihrer ganzen Länge auseinandersetzen, sondern nur, soweit es nötig ist, kurz darlegen, was unsere berühmtesten Ärzte und Philosophen über das Verhältnis der Charakterarten und Körpergestalten zu den verschiedenen Himmelsaspekten geschrieben haben. Hippokrates bezeugt in seinem Buch „Luft, Wasser und Landschaft“, daß sich das Aussehen und die Art der Menschen nach dem Charakter der Landschaft richte. Die Bewohner Asiens seien friedfertig und feingebildet durch den Einfluß des Klimas, da Asien unter dem Aufgang der Sonne zur Morgenröte hin liege. Die Leute aber, die an dem Fluß Phasis unter rauher Sonne wohnen, seien bäurisch und träge, was in dem Klimawechsel seinen Grund habe: denn es sind

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