Die Physiognomie des Menschen

Körperteile sind wiederum die wichtiger, die an edleren Stellen sind, d. h. an den Augen, an der Stirn, am Gesicht und Schädel. Danach erst kommen die Zeichen an Schulter und Brust, dann die an Beinen und Füßen, und zuletzt die ziemlich unbedeutenden an Bauch und Unterleib. Den Grund dafür gibt Aristoteles an: Die Kennzeichen am Kopf sind dem Verstand und den Sinnen am nächsten, und das Gehirn ist der Urgrund aller Bewegungen und Sinne. Nach Galen sind die Augen sogar ein Teil des Gehirns. Daher ist das vordere Körperende als das gehaltvollere bedeutender als das hintere, das gleichsam nichtssagend ist. Apulejus sagt sehr schön, das Gesicht sei der ganze Mensch, weil dort der Verstand wohne, an zweiter Stelle komme die Brust, der Sitz des Herzens und der Gefühle, danach die Beine und Füße als Werkzeuge der Sinne und der Bewegung, zuletzt der Bauch mit den unedlen Teilen, die in keiner Beziehung zu Weisheit und Charakter stehen. Adamantius schreibt am Anfang seiner „Physiognomonika“: Um die einzelnen Körperteile auszudeuten, muß man genau auf Farbe, Bewegungen, Atem, Stimme usw. achten. Man darf nicht glauben, aus einem oder zwei Zeichen die Wahrheit erschließen zu können, sondern man muß mehrere vornehmen und zwar möglichst wichtige, und sehen, ob sie übereinstimmen. Die Kennzeichen der Augen sind die wichtigsten; nach dem Verhalten zu ihnen müssen die anderen Merkmale beurteilt werden, die bei Übereinstimmung mit den Augenzeichen unser Urteil festigen können. Nach den Augen bieten die benachbarten Körperteile wichtige Zeichen, also Stirn, Nase, Mund, Wangen und Schädel. Danadı kommen Hals und Brust, an dritter Stelle Arme und Hände, Beine und Füße, zuletzt die Bauchgegend. Am weitesten kommt man, wenn man auf das Verhältnis aller dieser einzelnen Zeichen zu einander an der ganzen Gestalt achtet. Das Gesamturteil gründet sich nicht auf ein einzelnes Zeichen, sondern auf alle zusammen; erst in ihrer Zusammenfassung liegt

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