Die Physiognomie des Menschen

die Wahrheit beschlossen. Nach anderen Autoren ist das Vorderteil für den Charakter wichtiger, weil dort dieSinnesorgane sind, während dieZeichen der Hinterseite mehr auf Stärke und Beweglichkeit deuten, weil an ihr muskelstarke Gliedmaßen sitzen. Wieder andere meinen, man müsse den größten Wert auf die Zeichen der Körperteile legen, durch die die entsprechenden Eigenschaften vorzugsweise zum Ausdruck kommen, z. B. müsse man den Zorn, der seinen Sitz im Herzen habe, mehr aus der Herzform deuten als aus den Rippen, der Brust oder anderen Teilen, und ebenso erkenne man Stärke und Tapferkeit an Schultern und Armen, Hüften und Beinen. Vor allem ist nadı Aristoteles daran zu denken, daß man sich nicht auf ein einziges Zeichen verlassen solle, besonders wenn es ein allgemeines ist, sondern daß man, um sicher urteilen zu können, das Verhältnis mehrerer zu einander betrachten und für eine Deutung immer mehrere Belege anführen müsse, wie auch Galen betont, nach dessen Ansicht die Physiognomiker sich oft täuschen werden, wenn sie sich auf ein einzelnes Zeichen verlassen, außer wenn es etwa ein ganz bestimmtes, eindeutiges ist.

17. Kapitel. Was die Physiognomik sei.

Um eine Definition der Physiognomik zu geben, müßte man sagen, sie ist ein Weg, aus festen, dem Körper anhaftenden Zeichen unter Berücksichtigung zufälliger Abwandlungen dieser Zeichen die ursprüngliche Art des Charakters zu erkennen, Wir sagen „die ursprüngliche Art des Charakters“, damit niemand an zufällige, mit der Zeit erworbene Seeleneigenschaften denkt, z. B. an den Beruf, daß also etwa jemand Arzt ist oder Mathematiker; dergleichen kann man aus den Körperzeichen nicht erschließen. Wir sagen ferner „unter Berücksichtigung zufälliger Abwandlungen dieser Zeichen“ und meinen damit solche Zeichen, die der Körper nicht dau-

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