Die Physiognomie des Menschen

große Köpfe zu. Die Größe des Kopfes deutet mehr auf die Menge des Stoffes als auf die Tüchtigkeit des Geistes. Ich möchte die großköpfigen Menschen den Eseln vergleichen, die albern sind, dumm, furchtsam und gemein, ferner den Nachtvögeln und dem Uhu, die sehr große Köpfe haben und ungescict auf ihren Füßen laufen, als ob ihnen ihr Kopf zu schwer sei. Ovid schreibt von dem in einen Uhu verwandelten Ascalaphus: „An dem Kopf, nachdem er besprengt mit des Phlegeton Wassern, wachsen ihm Schnabel und Federn und Augen groß wie beim Uhu. Braune Flügel entstehn, und mächtig wächst ihm der Kopf.“ Kein Vogel hat einen größeren Kopf als der Uhu. Wenn er sich bei Tage blicken läßt, rupfen ihm die anderen Vögel wegen seiner Trägheit die Federn aus. Die Falken mit großen Köpfen gelten als minderwertig, da sie den großköpfigen Nachtvögeln gleichen, die furchtsam sind. Unter den Fischen ist der, den man wegen seiner nach oben gerichteten Augen Uranoskop, d. h. Himmelsgucker, nennt, mit seinem großen Kopf und seinem breiten Scheitel bei weitem der trägste; daher sagt Oppianus von ihm: „Träger ist er und dümmer als alle Tiere des Meeres.“ Auch die Meertiere, die ihres großen Kopfes wegen Cephalus oder Capito, d. i. Großkopf, heißen, sind träge und von Natur lächerlih, denn sie verstecken, wie Aristoteles erzählt, wenn sie sich fürchten, den Kopf und glauben, so ganz verborgen zu sein. Ferner haben alle Tiere mit viel Feuchtigkeit und wenig Wärme einen großen Kopf und sind, wie wir wissen, dumm und stumpfsinnig. Große Köpfe halten wir für mangelhaft wegen der Menge ihres Stoffes, nicht des Inhaltes, besonders wenn noch eine formlose Verunstaltung hinzukommt, denn das beweist eine beeinträchtigte Denkkraft und zeigt, daß solch ein Mensch nichts oder nur sehr wenig versteht. Ein Tier, das einem anderen äußerlich ähnlich ist, gleiht ihm auch an Art und Charakter. Daher halten wir alle Großköpfigen für träge, ungeschickt und furchtsam. Oft

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