Die Physiognomie des Menschen

Die größten Menschen sind nämlich gemeinhin furchtsam. Galen sagt, ein kleiner Kopf sei ein sicheres Zeichen von schlechter Beschaffenheit des Gehirns und deute immer etwas Schlimmes an. Als Grund dafür führt Hali Rhodan?) die Raumbeschränkung und das Zusammendrücken der Gehirnkammern an: so habe der Geist keinen freien Durchgang, und alles, was seinen Ursprung in ihm habe, würde geschwächt, denn aus einer kleinen Wurzel könne nichts Großes wachsen. Der heilige Thomas sagt bei der Besprechung der Schrift des Aristoteles „Vom Sinn und Sinnlichen“: Kopf und Herz sind einander entgegengesetzt, damit die Hitze des Herzens durch die Kälte des Gehirns gemäßigt werde; daher sind Menschen, die einen im Verhältnis zu der Größe ihrer anderen Körperteile kleinen Kopf haben, ungestüim und gewaltsam; denn die Hitze des Herzens wird nicht genügend vom Gehirn ausgeglichen. Der Philosoph Meletius’) sagt sehr fein: Der Kopf sei für das Gehirn geschaffen, wie ja jede Form ihres Inhaltes wegen geworden sei. Ein Kopf mit kleinem Rauminhalt deutet auf ein schlechtes Gehirn. Da nun alle Tätigkeiten unseres gesamten Körpers mit Hilfe des Gehirns verrichtet werden (wenn auch nur der kleine Zeh am Fuß bewegt wird, kann diese Bewegung ihren Ursprung nur im Gehirn haben), so können die Menschen mit einem kleinen Kopf eben wegen dessen Kleinheit nicht alles ebenso gut tun wie die Menschen mit einem großen Kopf; denn ein kleines Werkzeug kann nicht allen Geist fassen. Da ein kleines Haupt nur geringen Rauminhalt hat, muß in seiner Enge die Kraft der Sinne untergehen und erlöschen und mit ihr alle Handlungen, die ihre Ursache in den Sinnen haben. Man muß also daraus schließen, daß ein kleiner Kopf immer gering einzuschätzen ist.

Köpfe,die ein wenig größer sind als die ganz kleinen:

Der Menscd, sagt Aristoteles in seinen „Problemen“, ist von allen Tieren das vernünftigste, da er im Verhältnis zum übrigen Körper ein sehr kleines

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