Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
32 TT. Der Kampf gegen Napoleon.
arbeitete nicht miteinander, man intrigierte gegeneinander und es wäre ein lo>endes Beginnen, genau zu unterſuchen, wie weit dieſer Hader der Perſonen — ſelbſt die Höchſtſtehenden wurden von ihm erfaßt — Unheil ſtiftete. Denn nicht nux der heulende Krieg mit den Waffen, auch der ſtille Kampf auf den Hintertreppen und in verſhwiegenen Kabinetten ſchlägt den Staaten Wunden. Dem leitenden Miniſter traten bald Schwierigkeiten hemmend entgegen undder kluge Beobachter Erzherzog Johann klagte: „Stadion hat bis jezt Öſter=reich durch die ſtürmiſche Zeit glücklich durchgeführt; ich kenne ihn genau, er denft ſo deutſch wie ich, er wünſcht gewiß Öſterreich blühend, ſtark und Frankreich gedemütigt, aber er weiß wie jeder, daß man ges rüſtet ſein müſſe, um zu handeln. Soll dieſer jet auh auf die Seite geſezt werden? Und wer ſtatt ſeiner? .…. .“1).
Napoleon war es gelungen, England, das er immer leidenſchaſtlicher haßte, zu iſolieren, Preußen zu umgarnen, Rußland wieder an ſich zu ziehen und Öſterreichs Kraft zu brechen. Jeht konnte er ſeiner Machtſucht die Zügel ſchießen laſſen. Das alte Römiſche Reich deutſcher Nation ſollte zertrümmert werden, die Erinnerung an Karolinger- und Staufenherrlichteit und an andere Zeiten voll Glanz und Kraft erſterben. Aus Deutſchland ſelbſt erging die Aufforderung an den Korſen. Jm April 1806 ſandte des Reiches Erzkanzler ein Schreiben an Napoleon, das den Kaiſer anrief, „die achtungswerte deutſche Nation“ aus dem Elende „der politiſchen und religiöſen Anarchie“ zu erretten. So dachte Karl Theodor von Dalberg. Napoleon erfüllte wohl nicht die Bitte, aber er ließ ſih den Ruf in ſeiner Art zu Herzen gehen. Am 16. Juli 1806 wurden im Hauſe des franzöſiſchen Miniſters Talleyrand 16 Originalurkunden unterzeichnet, dur< die der Rheinbund ſein Daſein erhielt. Bayern, Württemberg, Baden, Heſſen-Darmſtadt — um die wichtigſten Staaten gu nennen — vereinigten ſich unter dem Protektorate Napoleons zu einem Bunde. Jn Frankfurt ſollte eine Verſammlung der Konföderation tagen. Der Rheinbund war im Grunde nichts weiter als eine große napoleoniſche Präfektur; ſein eigentlicher Zwe> war die Aufbringung neuer Heere für die Kriege, die Frankreich für ſeine Welthegemonie führte). Jm ganzen wurden jährlich 63 000 Mann zugeſtanden. Durch dieſe Neugeſtaltung hatte Kaiſer
1) Krones. Zur Geſchichte Öſterreihs im Zeitalter der franzöſiſchen Kriege und der Reſtauration. (1792—1816.) Gotha 1886.
2) K. Th. Heigel. Deutſche Geſchichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Auflöſung des alien Reiches. Stuttgart 1911. Zweiter Band.