Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

ken, daß selbst geborene Menschenkenner, die sich mit Recht ein Urteil zutrauen dürfen, den Ausspruch tun, daß sie hie und da einmal um so gründlicher daneben treffen.

Demgegenüber arbeitet unsre Methode zunächst viel weniger verblüffend, nämlich umständlich und behutsam. Wenn uns ein Bild vorgelegt wird mit der Frage: „Was sagt Ihnen dieses Gesicht?“ werden wir ruhig antworten, daß wir noch keinen bestimmten Eindruck haben. Wir werden mehrere Bilder derselben Person verlangen, womöglich in Stimmungsextremen und aus verschiedenen Lebensaltern, und sie, wenn es angeht, mit dem lebenden Original vergleichen. Wir werden aus mehreren Bildern die mit den fruchtbarsten Ausdrucksmomenten herausgreifen. Dann werden wir die Analyse sorgsam der Reihe nach durchführen, wenigstens im Anfang stets an Hand unsrer Tabellen. Es sind einfache Ausdrucks- und Charakterzüge, welche uns die Tabellen liefern, und wir werden daraus, nach Maßgabe unsrer Erfahrung und unsrer Kenntnisse aus der Charakterkunde, auf kompliziertere Charakterzüge schließen. immer dessen eingedenk, daß es eben der Charakter ist, den wir erraten, und nicht Alter, Beruf, Krankheit und Lebensgeschichte, es sei denn, daß sie Ausdruck und Charakter beeinflussen. Um Rasse und Konstitution zu diagnostizieren, dazu benötigt man Spezialkenntnisse. Freilich wird man, so gut es geht, diese zurate ziehen, wird mit der Handschrift vergleichen usw. Überdies muß man sich bei jedem Schritt bewußt bleiben, wieviel von dem abgegebenen Urteil man nur aus den Tabellen geschöpft hat und wieviel man der Kenntnis der Handschrift, biographischer Daten und des persönlichen Verhaltens der Versuchsperson verdankt, also außerphysiognomischen Indizien, die erst nachträglich für die Physiognomik fruchtbar zu machen sind.

Bei Einhaltung dieser Vorsichtsmaßregeln aber wird man zu Resultaten gelangen, die schon recht zuverlässig sind und

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