Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

(Fortſeßung.)

Der Balkan war in der Geſchichte der neueſten Zeit von jeher das Gebiet der unbegrenzten Möglichkeiten am politiſhen Himmel Europas. Seit Jahrzehnten drohte Dort ſ<hwarz zuſammengeballtes Gewölk mit einem Gewitter, das den gerwaltigſten Umfang gewinnen und für die ganze Welt verheerend werden konnte. Die erſte wuchtige Entladung erfolgte in den jüngſten Balkankriegen 1912. Die eigentlihe Urſache dafür war der verbrecheriſche Angriff

— Fialiens auf die Türkei. Dieſer italieniſhe Raubkrieg iſt der Funke geweſen, der endlih au< auf dem Balkan die Flinten wie von ſelbſt losgehen ließ. Der Verlauf des Balkankrieges ſchien den Friedenswillen der Großmähte als unzerreißbar ſtark zu erweiſen, weil ſelbſt in jenen Augenbli>en der allerſ<härfſten Spannung no< eine verhältnismäßig ſnelle Einigung über ſehr heikle politiſhe Streitfragen zur Tat wurde. Nicht zuleßt dur< den un-

- bedingt freuen, ehrlihen Friedensgeiſt Öſterreih-Ungarns, dex in äußerſter Geduld und einer bis an die Grenze der Möglichkeit gehenden Na9hgiebigkeit zutage trat. Heute wiſſen wir nux zu gut, daß unſere Feinde damals die Zeit noh niht für gekommen hielten, daß ſie aber den Überfall auf uns und Öſterreich -Ungarn ſeit der Zeit der erſten Balkankämpfe mit unentwegter Zielſiherheit vorbereitet haben. Ein Balkanſtaat, Serbien, fiel, zum Glü> für uns,

_ Berwundete erhalten Unterricht in Korbfle<hten, Baſt- und Binſenarbeiten.

in ſeiner unbezähmbaren Beutegier ſo frühzeitig aus der Rolle, daß wir no< im re<ten Augenbli> gewarnt waren und uns der geplante Todesſtoß niht unvorbereitet für die Abwehr traf. Auf dem Balkan, an der ſerbiſhen und der montenegriniſhen Grenze Öſterreih-Ungarns, entſpannen ſich gleih beim Ausbruch des Krieges Kämpfe und Schlachten von hervorragendem Umfang. Bald aber ſank der Balkanfriegſ<hauplaß zu einer Kampfſtätte von untergeordneter

Bedeutung herab, weil Öſterreih-Ungarn und Deutſchland

an anderen Fronten wichtigere Aufgaben zu löſen hatten und die beiden Balkanſtaaten im verluſtreihen Kampfe mit den öſterreihiſ< - ungariſhen Truppen ihre Kräfte ſo voll-

e

ſtändig ausgegeben hatten, daß ſie unfähig zu weiteren AnAmerikan. Copyright 1915 by Union Deutſche Verlagsgeſellſhafſt in Stuttgart.

ITT, Band. ; 2

| ließen.

griffen waren und ihnen gegenüber der Shuß dur eine niht ſehr ſtarke Grenzwacht ausreihte. Wir berihteten (Band IT Seite 62 ff.), daß Öſterreih-Ungaxrn nah einem heldenhaften und exfolgreihen Vorſtoß tief in das ſ<wierige, von der Grenze an dauernd ſteigende ſerbiſ<he Gebiet hinein ſeine

Streitmacht wieder an die Grenze zurü>zog. Anfang Januar

wurde nah der Umgruppierung dex öſterreichhiſh-ungariſhen Armee, die an Stelle des Feldzeugmeiſters Potiorek unter den Oberbefehl des Erzherzogs Eugen gekommen war, ein erneutes Vorgehen gegen Serbien beabſihtigt. Es iſt aber bisher niht zur Ausführung gekommen, vermutlih au, um Jtalien niht einen weiteren Vorwand für ſeinen Verrat zu geben, weil angebli< ein öſterreihiſ<h-ungariſhes Vorgehen in Serbien gegen den vielumſtrittenen Paragraphen 7 des Dreibundvertrages verſtoßen ſollte. Monatelang hörte man nihts von größeren Kampfhandlungen. Jm Februar regten ſih die Serben dur Beſchießung offener öſterreihiſ<.-ungariſher Grenzſtädte. Am 10. gaben ſie hundert Schüſſe aus thren [<werſten Kalibern auf Semlin ab und beſhädigten das dortige Hauptpoſtamt und andere Gebäude, verwundeten Zivilperſonen und töteten zwei Kinz der. Am 17. Februar erfolgte ein ebenſolher Feuerüberfall auf Mitrowigza. Als Vergeltungsmaßregel wurde kurze Zeit Belgrad wirkungsvoll beſchoſſen und dur<h einen Parlaz

«Phot, R, Guſhmann, Berlin.

mentär der ſerbiſhe Höhſtkommandierende verſtändigt, daß ſih fſolhe Bombardements auf die feindlihe Hauptſtadt wiederholen würden, wenn die Serben die Beſchießung offener öſterreihiſ<h-ungariſher Ortſchaften niht unterDas wirkte für einige Zeit. Am 6. April erſt ward eine neue tatſählihe Ausführung dieſer Drohung notwendig, weil die Serben ſehr wahrſheinli<h dur<h ihre Verbündeten, die ja die Koſten des Krieges für Serbien übernommen haben, gedrängt wurden. An dieſem Tage warf ein öſterreihiſ<-ungariſ<her Donaumonitor nah einem ſerbiſhen Bericht dreißig ſhwere Granaten auf Belgrad, die erheblihen Schaden anrihteten und dämpfend auf die Kampſfluſt der Serben wirkten. Anfang Mai aber

13