Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Semendria nah Belgrad und ſeßte da die Arbeiten über die neue Conſtitution des Landes fort.

Als im März 1808 der Krieg zwiſchen Rußland und der Pforte wieder begann, nahm auch Czerny Georg mit ſeinen Serben Antheil daran und unterſtützte thätigſt die ruſſiſchen Waffen. Unerwartet {nell endigte jedo< dieſen Krieg der franzöſiſhe Angriff auf Rußland im Jahre 1812 und führte den zwiſhen Rußland und der Pforte zu Bukareſt am 28. Mai 1812 geſchloſſenen, aber erſt beinahe zwei Monate nachher vollzogenen Frieden herbei.

Bei dieſem Friedens\{luſſe waren die Angelegenheiten Serbiens niht ſo ganz übergangen worden, man ſette vielmehr in dieſer“ Rückſicht feſt, daß die Pforte gegen die Serben, als ein ihr ſeit langer Zeit unterwürfiges und zinsbares Volk, Milde und Großmuth ausüben und ihnen deswegen eine volle Amneſtie gewähren ſollte. Die Feſtungen, welche die Serben in ihrem Lande auf Veranlaſſung des bisherigen Krieges erbaut hatten, follten geſchleift, die übrigen feſten Plätze aber den Türken eingeräumt werden ; diè Verwaltung der innerenAngelegenheiten ſollte der Nation überlaſſen und die ihr von der Pforte auferlegten Steuern mäßig und im gemeinſchaftlihen Einverſtändniſſe erhoben werden; im Uebrigen ſollten die Serben die nämlichen Vortheile genießen, welche den türkiſhen Unterthanen auf den Fnſeln des Archipelagus und in. anderen Gegenden zugeſtanden werden.

Dies waren alſo die einzigen Vortheile, welche die hei dem Friedenscongreß zu Bukareſt gegen-

wärtigen ſerbiſhen Abgeordneten für ihr Vater-.

land bewirken konnten. So machte denn die Nachriht von dem geſchloſſenen Frieden einen re<t unangenehmen Eindru> in Serbien; es wurde der Antrag, welchen der ruſſiſhe General dem Chef und den übrigen Oberhäuptern der ſerbiſchen Nation zu Belgrad machte, nämlich: daß ſie mir in dem Falle fernere Unterſtüßung erwarten fönnten, wenn ſie alle feſten Pläße und Verſhanzungen im Lande ausſchließli< den ruſſiſchen Truppen übergäben und alle waffenfähige Mannſhaft unter ruſſiſhen Oberbefehl unmittelbar ſtellen wollten, entſchieden abgelehnt und von den Serben ganz offen erklärt, auf dieſe Art ſähen ſie ſi< in ihren Hoffnungen getäuſcht.

Ende Juli 1812 zogen ſi< die ruf}ſiſhen Truppen ſchnell aus Serbien, ſowie aus anderen Gegenden, na< Rußlaud zurü>; ihnen folgten mehrere Häupter der Serben, die ihnen vorzüglich ergeben geweſen waren, und — Serbien war nun ſeiner Selbſtvertheidigung allein überlaſſen. Zwar verſuchten die Serben no<, dur< Unterhandlungen in Conſtantinopel und dur< Annäherung an Deſterreih etwas mehr für ſi< zu gewinnen, ‘aber — auch dieſe Verſuche mißlangen,

und die Paſchas der an Serbien grenzenden Länder erhielten den Befehl, das Land mit Gewalt zur Unterwerfung zu zwingen.

Deshalb begann im Juli 1813 der Krieg auf's Neue und wurde mit der größten Erbitterung unter abwe<hſelndem Glücke fortgeſetzt. Es unterlagen, na< einem Kampfe von beinahe vier Monaten, endlich die ſehr geſ<hwächten ſerbiſchen Truppen der Uebermacht der Türken. Czerny Georg und viele Andere flüchteten in benachbarte Staaten ; die Zurücgebliebenen wurden aber von den Siegern mit größter Grauſamkeit behandelt, es gli<h das Land, in welchem natürlich fogleih die alte Verfaſſung wieder hergeſtellt wurde, einer Einöde. Später aushrehende Volkserhebungen wurden auf das Strengſte niedergedrü>t und der leßte Verſuch, welchen der im Juli 1817 nah Serbien zurü>gekehrte Czerny Georg mate (man weiß niht aus wel<hem Grunde), koſtete demſelben das Leben. Diesmal bewies indeß die Pforte mehr Zurückhaltung als ſonſt gewöhnlich, und von Seiten Rußlands geſchah auh nicht einer von den Schritten, die man wegen der Tödtung eines ſeiner Generale erwartet hatte; es ſchienen beide Mächte dieſen Vorgang nicht als Casus belli, als Veranlaſſung eines Bruches unter ſi< anſehen zu wollen,

Wie geſagt, ſchon 1815 hatten ſi< die Serben neuerdings erhoben, und zwar unter Führung des Mil oſh Obrenowitſch, und nah mit wechſelndem Glück geführten Kämpfen gelang es ihnen 1816, das Recht der Selbſtregierung zu erwirken. Milo #< wurde zum erblichen Fürſten von Serbien erhoben und 1827 durch die Nationalverſammlung von Kragujewahß als ſolcher beſtätigt. Mittelſt des Fermans von- 1830 erfolgte eine neue Beſtätigung der den Serben eingeräumten Rechte und Freiheiten ſeitens der Pforte. Jm Fahre 1839 dankte Miloſ<h zu Gunſten ſeines älteſten Sohnes Milan ab; nah des Letzteren baldigem Tode beſtieg Miloſch's jüngerer Sohn, Michael, den Thron von Serbien. Unzufrieden mit deſſen Regierung, erhoben ſi<h die Serben unter Watſchit \<'s Führung; die Skupſchtina (Landesverſammlung) erklärte die Familie Obrenowitſ<h des Thrones verluſtig und wählte den Sohn Czerny Georgs, Alexander Karageorgewitſ<, zum Fürſten, welhe Wahl, nah gewiſſen Zugeſtändniſſen, von Rußland gutgeheißen und mittelſt kaiſerlichen Hatiſcherif von der Pforte beſtätigt wurde.

Es fam nun zu einigen zwe>mäßigen Reformen, und zuglei<h machte ſi< das Wachſen des ruſſiſhen Einfluſſes wieder bemerkbar dur<h Entſtehen einer ſlaviſ<h-patriotiſ<hen Partei, die ſich an Rußland anlehnte. Während des Krimkrieges verhielt Serbien ſih neutral, und 1856 wurden die Privilegien und Fmmunitäten (Steuern-