Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Alt-Türken in den Schatten ſtellte, und im Fuli 1874 ſeinen Play einem anderen Stheik-al-Jslam räumen mußte, - weil er dur< ſeine Weigerung, ſeine Unterſchrift unter die harmloſeſten Neuerungen zu ſetzen, das Regieren einfa< unmöglih machte. Er wurde von Huſſein Avni Paſcha, dem damaligen Großvezier, na<h Erzerum in Kleinaſien geſchi>t, was, obgleih ‘er dort die Stelle eines General-Gouverneurs bekleidete, doh einer Art Verbannung gleihkam.

Daß dieſer Reformfeind gerade jeßt, nach dem Erſcheinen des türkiſhen Reform-Fermans, na< Europa zurü>berufen und ſogar in die Herzegowina geſchi>t wurde, wollten Viele ‘als Beweis betrachten, wie ſehr man den türkiſchen Reform - Verſprechungen mißtrauen müſſe.

Am 16. December fand in Jamnißa abermals eine Art gehe imeèen bosniſ<en Parlamentes ſtatt. Faſt alle größeren Ortſchaften, von Bihar an bis - zur “ DrinaGegend, hatten zu diefer Verſammlung Abgeordnete entſendet, #0 daß nahe bei achtzig Repräſentanten verſammelt waren. Die ‘meiſten derſelben waren“ Gemeindeälteſte und anſehnliche Primaten(Ober-Biſchöfe). Außerdem “hatte jede bosniſche FnſurgentenAbtheilung drei Vertreter entſendet.

Die Berathung des erſten Gegenſtandes : das Verhalten gegen die türkiſchen Reformen, verlief faſt ganz ohne Debatte. Von allen Seiten wurde faſt einmüthig anerkannt, daß die von der Pforte gebotenen Reformen niht angenommen werden könnten, da man beſtimmt im Voraus wiſſe, daß dieſelben leere Verſprehungen bleiben würden. Da weiters nichts verlautete, daß die europäiſchen Mächte die Reformen zu garantiren entſchloſſen ſeien, ſo wurde beſchloſſen, dieſelben ſammt und ſonders zu verwerfen.

Eine viel erregtere Debatte rief die Verhandlung über die Mittel hervor, welche angewendet werden ſollten, um die laugeſinnten bosniſchen Diſtricte zum Anſchluß an den Aufſtand zu beſtimmen. Schließlich einigte man ſi< dahin, nah allen Orten Aufſtandsagenten zu entſenden, um-

Zimmermann, Geſch. des orient. Krieges.

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Ahmed Mukhtar Paſcha.

\ſomehr, als viele Abgeordnete verſicherten, daß in ihren Gegenden Alles für die Erhebung bereit ſei, und nur die Ungunſt der gegenwärtigen JFahreszeit lähmend auf die Verallgemeinerung des Aufſtandes einiwirke.

Ju Bezug auf- das Verhalten gegen die Serben mohammedaniſcher Religion wurde beſchloſſen, die friedlihen, in ihren Wohnorten ſi<h ruhig verhaltenden Mitbürger islamitiſhen Glaubens niht zu beläſtigen, im Gegentheil ihr Leben und ihr Eigenthum ſtets zu ſhonen. Dagegen ſollten die unter dem Banner. der Pforte kämpfenden Mohammedaner ſerbiſher Nationalität als ärgſte Feinde ſhonungëlos behandelt werden.

Anzuführen iſt no, daß ein Anfang zu den verſprochenen Reformen in Conſtantinopel dadurch gemacht ſchien, daß der bisherige Arhiv - Miniſter Saadoullah Bey zum Präſidenten des Caſſationshofes | ernannt, deſſen Wirkſamkeit von den bisherigen Agenten des Juſtizminiſteriums getrennt wurde.

Soubhi Paſcha wurde zum Präſidenten des Appellationshofes ernannt, welcher in drei Sectionen, und zivar in die Handels-, Civil- und Criminalſection, getheilt wurde. Es hieß ferner, daß die Räthe für den Cafſations-undAppellhof und die Richter der Civilgerichte erſter Fnſtanz unverzüglich ernannt und aus jenen Perſonen unbeſcholtenen Charakters gewählt würden, welche die nothwendige Fähigkeit beſißen, um das allgemeine Vertrauen zu verdienen. Dieſelben ſollen ohne geſebßlichen Grund niht abgeſeßt werden. Die Handelsgerichte würden den Agenden des Juſtizminiſteriums zugewieſen.

Am 20. December conſtituirte ſi<h der permanente Oberſte Rath auf der Hohen Pforte mit der amtlihen Benennung „Ausführungsrath“ und unter dem Vorſitße des Großveziers. Derſelbe hatte die Beſtimmung, über die Ausführung der neuen Reformen zu wachen und war aus ‘allen Miniſtern und verſchiedenen <riſtlihen und muſelmänniſchen Functionären zuſammengeſeßt ; auh Ali Paſcha, der ehemalige Botſchafter in Paris, war Mitglied dieſes Rathes.

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