Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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Noth und Elend der Flüchtlinge.

Der Auſſtand in der Herzegowina, unterſtüßt von.dem immer kampfbereiten Mont enegro, hielt ſi< no< immer aufre<t und die Türken konuten ſeiner, troß der wiederholten Anläufe, niht Herr werden. Unbeſchadet des kalten Winters, für Kämpfer die ungünſtigſte Zeit, hielten im Fnſurgentenlager die bekannten Führer : Wojwode Ljubobratitſ<, Lazar Sotſchißa, Bogdan Zimonitſ<h, Milowan Boſchkowitſ<, Peko Pawlowitſch und dex Onkel des Fürſten von MontenegroCoſtaBatſchewi tſ<, ihre Zuſammenkünfte. Sie nahmen eine T heilung der geſammten Fuſurgeuten-Streitkräfte in zwei große Corps vor. Zum Oberbefehlshaber des in der oberen Herzegowina operirenden Corps wurde Lazar Sotſchißa, zum Commandanten des Fnſurgenten-Corps in der unteren Herzegowina Ljubobratitſ< ernannt. Lekterem wurden BVukalowitſ\< (der Junge) und Toma ſewit \< als Unterbefehl3haber beigeordnet. Die Geſammtſtärke der aus eingeborenen Herzegowinern beſtehenden Fnſurgenten-Corps belief ſih auf etwas über 10.000 Mann. Die Fremdenlegion zählte vorläufig nur gegen 400 Mann, erhielt aber fortwährend beträchtlihen Zuwachs. Fm Auslande weilende Herzegowiner, welche zur Zeit der erſten Erhebung unter Luka Vukalowitſ<{< eine Rolle ſpielten, wurden vom politiſhen FnſurrectionsComité zur Uebernahme von Commanden heimberufen. Es wurde namentli< auf das baldige Eintreffen des Nikola Pawlowitſch, Gewra Vatſchkowitſ<h und Dutſchitſh gerechnet, welchen militäriſche Fähigkeiten nahgerühmt wurden.

Es ſind uns von einem Beſucher des Hauptlagers der Juſurgenten Mittheilungen überliefert, welche in ſehr intereſſanter Weiſe mehrere der Anführer kennzeichnen.

Vor Allen viel genannt iſ der Wojwode Lazar Sotſchißa Riſto. Er iſt zu Piva geboren und genoß. ſeine erſte Ausbildung bei ſeinem Oheim, dem allverehrten Hadſchi (Wallfahrer) Theodoſius, Hegumen (Abt) des gleichnamigen Kloſters. Derſelbe war vordem Mönch in dem ſerbiſchen Kloſter Hilendar am Berge Athos, das befanntli<h vom ſerbiſhen König Stefan Nemanja gegründet wurde, und machte ſi< au< als Malex einen Namen von gutem Klang. Er fiel im erſten herzegowiniſchen Auſſtand, als der berüchtigte Ded Aga Tſchengit \< mit ſeiner Streitmacht in das herzegowiniſhe Dorf Wratinja eingedrungen war und jene Greuelthaten verübte, die in der Geſchichte der herzegowiniſ<-türkiſ<hen Kämpfe cinzig daſtehen. Der dankbare Neffe übertrug die Gebeine ſeines Oheims na< Piva und ließ ſie daſelbſt beiſetzen. Sotſchita bekleidete 1860 bis 1861 die Würde eines Perjauik im Stabe des Wojwoden

Zarko Letßewitſ<h und nah dem Rütritte des verſtorbenen Wojwoden Luka Vukalowitſ<

ernannte ihn die türfiſhe Negierung zum Auführer einer Panduren - Abtheilung von vierzig Maun. Dieſe Würde hatte er- bis 1874 inne; ſpäter betrieb er ein Handlungsgeſhäft in Drobujak. Als im Jahre 1875 der Aufſtand ausbhra<, war Lazar Sotſchiba der Erſte, der in Gemeinſhaft mit dem in der erſten Schlacht bei Muratowißa gefallenen Wule Hadſchitſ< die Fahne des Aufruhrs auh im Gebiete von Piva - erhob und den Auſſtand orgauiſirte. Das Corps von Piva erwählte ihn zum Wojwoden des Gebietes.

Lazar Sotſchißa iſt zur Zeit fünfunddreißig Jahre alt, von mittlerer Statur, beſitzt ein ſ{<önes, muthig ausſehendes Antliy und blaue Augen. Er iſt einex der intelligenteſten Führer im Lager der Jnſurgenten und wird daher von Allen, ſelbſt von den übrigen Stämmen und Wojwoden, hochgeahtet. Man kann ihn den diplomatiſirenden Generalſtäbler der Fnſurgenten-Armce nennen, deren eigentlicher Führer Peko Pawlowitſ< iſt, der Sotſchitßza als ſeinen beſten Freund betrachtet und ſtets deſſen Rathſchläge befolgt, beſonders wenn es ſi< um Sachen mehr politiſher Natur handelt. Bemerkenswerth iſt ferner, daß ſämmtliche Schriftſtücke, Verkündigungen, Aufrufe, Gedenkſchriften 2c. von Sot ſchitßa verfaßt ſind.

Peko Pawlowitſ<h oder Wojnowitſ< (er führt nämli<h beide Namen), der anerkannte Ober-Anführer der Juſurgenten-Armee, iſt aus Tſchewa in Moutenegro gebürtig und kämpfte im erſten Aufſtande mit dem bekannten Wojwoden Fowowitſ<h. Jn der Schlacht von Grahowaß war Peko der Erſte, welcher die türkiſchen Schanzen erſtürmte, für welche Heldenthat er von dem verſtorbenen Fürſten Dan ilo einen goldenen Ehrenſäbel und zwei ſilberbeſhlagene Piſtolen erhielt. Bis 1871 lebte er in Tſchewa, von wo er zuweilen größere Streifzüge gegen die Türken unternahm, er war damals Anführer einer Tſcheta (Lieferungs-Zuges); im Jahre 1871 wurde die montenegriniſhe Armee nah europäiſhem Muſter organiſirt, bei welcher Gelegenheit. Peko den Grad eines Bataillons-Commandanten erhielt. Beim Wiederbeginn der Juſurrection begab er ſich an der Spiße einer todesmuthigen Truppe nah der Herzegowina.

Pawlowitſch iſt etwas über ſe<zig Jahre alt, hat eine impoſante Geſtalt, blißende Augen und etwas Gebieteriſhes in ſeinem Auftreten. Er iſt auf den montenegriniſchen und herzegowiniſhen Felſen aufgewachſen und es giebt keinen Zoll breit