Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Ehrentage Mohammed's hervorhebenden Ruhm zu geben. Es verloren die Ueberlieferungen ihre urſprünglihe Macht mit dem allmäligen Erlöſchen des Sternes der Khalifen- (mohammedaniſche Oberhäupter) Dynaſtie; heute übt das ehemalige Signal zux ſtürmiſcheſten Begeiſterung, das berühtigte „ITnschallah“ (Gott will es), das den wildeſten Taumel in den Schaaren der Rechtgläubigen hervorrief und zu Zeiten der Schlachtruf zur grauſamen Niedermeßelung wehrloſer Chriſten war, niht mehr den Zauber aus und die cultivirtere Nation wurde der Exceſſe, des biutigen, religiöſen Wahnwites müde.

So hatten denn auc diesmal die beunruhigenden Gerüchte, welche von einer Niedermeßelung der Chriſten am Bairam - Feſte wiſſen wollten, gelogen; es verlief der leßte Tag eben ſo ruhig wie die anderen, es gab auch nicht die geringſte Unordnung unter der mohammedaniſchen Bevölferung; núr verfloß das ganze Feſt unter etwas geringerer - Heiterkeit als in früheren Jahren, waren doh alle Stände von Beſorgniſſen erfüllt wegen der Kriſe, von der das Reich bedroht erſchien.

Gewöhnlich trug das Finanzminiſterium Sorge, daß am Vorabende der Beirams-Feſtlichkeiteir, die do< für alle Türken, groß oder klein, eine Veranlaſſung zu vermehrten Ausgaben waren, den im öffentlichen Dienſte Angeſtellten ein oder zwei Monate. ihres rü>ſtändigen Gehaltes ausbezahlt wurden ; diesmal jedo< blieben die Caſſen ge\{lo}ſen, weil alles Geld, das in den Schab eingefloſſen, in Pauſh und Bogen an die Ottomaniſche Bank geſendet wurde, um dort zux Bezahlung des eben fälligen Coupons verwendet zu werden. Die Beamten, welche nihts als ihre Stelle hatten, um davon zu leben, und die ſi ohnehin {on wegen dieſes Syſtems der Gehaltsrüſtände ſtets in großer Verlegenheit befanden, mußten ſi< diesmal zum größten Theile den herfömmlihen Hammel verſagen, den jeder gute Muſelmann mit eigenen Händen opfern muß, um würdig den Kurban-Bairam (Feſt der Opfer) zu feiern.

Auch in anderer Beziehung iſt die Naht, welche das Ende des Ramazan- und den Beginn des Bairam-Feſtes bezeichnet, wichtig und heilig für den Muſelmann; es iſ das die berühmte

Ein neuer

Die Schwierigkeiten häuflen ſi<h auf allen Seiten ; die Regierung ſelbſt wußte keinen Ausweg aus der mit jedem Tage verwi>elteren Lage. Von der einen Seite ſagte man ihr: „Regelt zuerſt die

Zimmermann, Geſch. des orient. Krieges.

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„Nacht der Kraft“. Alle Sinnlichkeit und aller Hang zum Wunderglauben des Orients verdichten ſi< in den romantiſchen Gebräuchen, welche ſtatthaben, ſobald die Wellen des Bosporus das Licht der Sterne wiederſtrahlen. Es iſt in dieſer Nacht geboten, alle Spiegel zu ‘verhängen; denn wer in den Spiegel bli>t, iſt in Gefahr, ſein Schifſal zu leſen und ſeinen Todestag zu kennen.

Für den Sultan beſchäftigen die Miniſter ſich mit der Auswahl und Ausſtattung der BairamsBraut. Von früheſtem Kindesalter an wird ein Mädchen zu dieſem Zwe>e erzogen und herangebildet. Schon hei der Wahl des Kindes ſehen die Eltern darauf, daß dasſelbe die volle und harmoniſhe Entfaltung weiblicher Reize vérſprece. Werden die Erwartungen der Eltern erfüllt, #o wird das Kind noch -als kaum erſchloſſene Knospe nah Conſtantinopel geſchi>t, um dort nach allen Regeln der Harems - Erziehung ausgebildet zu werden. Steht die Jungfrau in ihrer vollen Blüthe und rü>t das Bairam-Feſt in die Nähe, ſo wird ſie den nä<hſten Verwandtinnen des Sultans vorgeführt und dieſe unterziehen die Braut des Padiſhah der ſtrengſten, ſi< auf das kleinſte Detail erſtre>enden Prüfung, wobei das ſinnliche Moment wie immer eine für europäiſche Augen niht zu entſcleiernde hervorragende Rolle ſpielt. Naht dann die große Nacht, ſo wird die in koſtbare Gewänder gehüllte Braut in die Oda, das Schlafgemah des Sultans, geführt und bei verhängten Spiegeln beſchließt der Padiſhah den Ramazan.

Unheimliche Mährleins knüpfen ſi< an dieſe Nacht. Als Abdul Medſchid in der Naht der Kraft die Schwelle der Oda überſchritt, fiel der Schleier von einem Spiegel herab; der Padiſhah ſah ſeinen Tod und wenige Tage darauf waren ſeine Verwandten um ſein Sterbebett verſammelt (25. Juni 1861). Freili< behaupteten die Auf-

‘geklärten, daß der Sultan, als er ſih der Erko-

renen näherte, dieſelbe todt fand, mit einem Dolche im Buſen. Der Kammerdiener des Sultans hatte in dem für dieſe Nacht ausgewählten abyſſiniſchen Mädchen ſeine Braut erkannt und ermordete die Geliebte, um ſie niht dem Harem ſeines Gebieters zu überlaſſen. Das Ereigniß wirkte auf Abdul Medſchid mit ſolher Gewalt, daß er in eine Krankheit verfiel, welcher der Tod nah wenigen Tagen ein Ende mate.

Friedensplan.

finanzielle Frage, das Andere giebt ſi< von

ſelb!" von der anderen Seite hieß es: „Bringt

zuerſt die politi ſhe Frage in Ordnung ; führt

Reformen durch, reorganiſirt Eure Verwaltung !“ 21