Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Rundſchreiben enthielt, in beſonderen Denkſchriften beim Sultan dur< ihre Botſchafter in Conſtantinopel unterſtüäßen und anempfehlen zu laſſen. Es ſtand nur no< die Entſcheidung Englands aus. Die Feiertage hatten die Mitglieder des Cabinets. von St. James noh rings im Lande zerſtreut gelaſſen und eine Verſtändigung war daher ſo ſchnell niht möglich.

Der Pforte ſelbſt war der Wortlaut des Rundſchreibens a mtli< no< unbekannt. Man hielt dieſen Umſtand auh ziemli< für den einzigen annehmbaren Grund, welcher die andauernde Geheimhaltung des Actenſtü>es erklärte, da man allerdings der Pforte vor den Kopf geſtoßen hätte, wollte man ihr dieſes, doh zunächſt für ſie ſelbſt bere<nete Document auf dem Wege der Oeffentlichkeit eher als auf dem der Diplomatie zuſtellen. Und bevor man nicht alle Unterſchriften, oder, um gewiſſenhafter zu ſein, alle Bewilligungen zuſammen hatte, wollte man do< au< mit dieſen Anforderungen nicht vor die Türkei hintreten, da

ja eben ein Schritt Geſammt-Europas dem Sultan

das Eingehen auf denſelben um Vieles zu erleihtern im Stande war, „Divan“ (türkiſhen Staatsrath) nicht in der Lage, “irgend eine beſtimmte Meinung über die Note zu äußern; aber man konnte {hon in diplomatiſchen Kreiſen verſichern hören, daß die Annahme der Andraſſ y’ ſhen Reform-Vorſchläge in Conſtantinopel auf ernſtlihen Widerſtand ſtoßen würde, da Mahmud Paſcha bereits dem Grafen Zichy, öſterreihiſhen Botſchafter in Conſtantinopel, in ſehr höflicher, aber äußerſt entſchiedener Weiſe die Erklärung gegeben hatte,

Man war alſo im *

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daß die Pforte das Reformwerk für das ganze Reich in die Hand genommen und ſih deshalb auf keinerlei einſeitige Reformen einlaſſen könne.

Aus der Erklärung des Großveziers ſchien daher unzweifelhaft hervorzugehen, daß ein bereitwilliges Eingehen der Türkei auf die dur<h Europa gutgeheißenen Reform - Vorſchläge ODeſterreichUngarns niht zu hoffen ſei, obgleih man no< im Unklaren war, ob Graf Zihy der Pforte ſhon amtlich dieſelben übermittelt habe oder nicht. Man fragte ſih erſtaunt, wer der Pforte den Muth einflöße, die Großmächte kühn in die Schranken zu fordern, und war ſehr geneigt an ein Doppelſpiel des Petersbhurger Cabinetes zu glauben.

Jn Folge dieſer Ungewißheit jagte eine AlarmNachricht die andere, und daraus mochte ſi< wohl die Entſtehung jener Depeſche erklären, welche die Einberufung der öſterreichiſhen „Reſerven“ (zurückgeſtellten Mannſchaften) brachte und auh viele gläubige Abnehmer fand.

Endlich brachte der elektriſhe Draht die mit ſo viel Ungeduld und ängſtlicher Spannung erwartete Entſcheidung, welhe am 18. Januar erfolgte und dahin lautete, der Note des Grafen Andraſſy eine allgemeine Unterſtübung zu leihen.

Nachdem nun au< England ſih den Reform-Fdeen des ungariſchen Grafen angeſchloſſen hatte, ſtand der Ueberreihung derſelben in der türfiſhen Hauptſtadt nihts mehr im Wege und es wurde dem öſterreichiſh-ungariſhen Botſchafter die ehrenvolle Aufgabe zu Theil, die Ueberreihung zuerſt zu vollziehen.

Zjubobratitſ< zieht ſi< zurück.

Während der lebhaften diplomatiſchen Action hatte au<h wieder die Juſurrection in Bos nien ſih geſammelt. Fn Folge der ſtärkeren Beſezung der montenegriniſhen Grenze ſeitens der türkiſchen Truppen ſahen ſi< au< die Juſurgenten genöthigt, fortwährende Verſchiebungen ihrer Streitfräfte vorzunehmen. Sie zogen ſi< von der montenegriſchen Grenze in nordweſtliche Richtung und gaben als Grund die enormen Schneemaſſen an, welche die Verbindung mit Montenegro ſehr erſchwerten. Theilweiſe wax dieſer Grund wohl rihtig, indem die Jnſurgenten angeſichts der türkiſchen Truppenanhäufung an der montenegriniſhen Grenze ſ{hwerer auf Succurs aus Montenegro rechnen konnten, und andererſeits für den Fall ‘eines türkiſchen Angriffs die Rückzugslinie nah Montenegro durch“ die ungeheuren Schneemaſſen behindert fanden. Einſtweilen rückte

ein größeres Fnſurgenten-Corps in der Stärke von 3000 Mann in die Operationslinie TrebinjeKlek ein; andere Fnſurgenten-Corps waren “in derſelben Richtung im Anmarſche. Fn Folge deſſen waren, wenn niht etwa die Türken wirklich alle ihre Angriffs-Operationen für einige Zeit aufzuſchieben im Sinne hatten, neue Kämpfe ‘auf den Straßenzügen Raguſa-Trebinje und Klek-Stolatz zu gewärtigen. Letzteres umſomehr, da die Jnſurgenten ſi<h durch die größere Macht, in welcher ſie ſih hier zuſammenzogen, verleiten ließen, den offenen Angriff auf Trebinje und Krſtaß zu unternehmen. Die, angebli<h bei Stolaß, zertrümmerten Jnſurgenten ſtanden, über 3000 an der Zahl,. in (Grebci und bereiteten eine neue Expedition vor. Jhre Anführer waren Maxim Lutßewitſh, Trifko Vukalowitſ{<, Bogdan Zimonitſ<h und Lazar Sotſchitßa.

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