Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

fönnten, durſte niht in Abrede geſtellt werden, und darin wieder lag der dunkle Punkt, welcher die Börſen Europas mit Recht in Aufregung verſebte.

Aber für die Gegemvart, ſelbſt für die nächſte überſchaubare Zukunft lag in der vollzogenen Verſöhnung Rußlands mit England feine greifbare Gefahr für den Frieden Europas, feine directe oder indirecte Bedrohung des Deuthen Reiches, wie es Bis8mar> geſchaffen. Die Abweſenheit - jegliher ſolher Bedrohung aber ſ<loß die Berechtigung der wieder auftauchenden Beunruhigungen vollkommen aus, und was auch an Artikeln und Gerüchten fortan noch geleiſtet

Die Herzegowina, ihre

Aus dem kurz vorher Geſagten iſt leiht zu errathen, daß die Ruhe in Europa nur eine ſcheinbare, gefkfünſtelte war und daß es unter der glatten ODberflähe in einemfort gohr und brodelte,

Jm Südoſten von Europa war es, wo die erſten Blaſen emporſtiegen, denen man anfänglich freili<h feine Bedeutung zugeſtehen wollte, bis die Wellenkreiſe, welche ſie verurſachten, ſi< immer weiter und weiter zogen. :

Die Herzegowina war es, jener Strich Landes, eingeengt von Dalmatien, Bosnien und Montenegro, wo der Aufſtand ſeine erſten Funken ſprühte.

Die Herzegowina erhielt ihren jeßigen Namen von ihrem erſten Herzoge Stefan Coſaccia oder Coſſarich. Früher zerfiel das Land in drei beſondere Provinzen, von denèn die nördliche, wie man aus dem Königstitel in den ungariſchen und ſerbiſchen Diplomen ſieht, Rama, die mittlere (wo jezt Moſtar, Blagai und Stola liegen) na< dem Zeugniß Conſtantin Porphyrogenetus. Marko Orbin's, Kalantſchitſ<'s und andererSchriftſtellerZach ol mitſ<, Zachliwnie, Chumska, Cholmska und die dritte oder ſüdlihe (wo jeßt der Kreis von Trebinje iſt) gleihfalls nah dem Zeugniß Conſtantin Porphyrogenetus, Celdrenus u. A., Terbunia oder Kaualia hieß. Jhre Grenzen gehen an die Narenta, im Weſten bis an das Ufer des Adriatiſchen Meeres, was man wenigſtens aus der Beſchreibung des Conſtantin Porphyrogenetus ſließen kaun, der zu den Städten Zacholmies Stagnum (die jeßige dalmatiniſhe Seeſtadt Ston, italieniſ<h Stagno) re<hnet und zu dem terbuniſchen Kreiſe Resna oder Ris na (jeßt ein fleines dalmatiniſ<hes Dorf an den Bocce di Cattaro).

Bimmermann, Geſch. des orient. Krieges.

werden mochte, Niemand zweifelte daran, daß der Continent ſeine Sommerruhe werde in ungeſtörter Stille beendigen können.

Bei den Verhältniſſen, wie ſie waren, die Ruhe auf weiter hinaus zu verbürgen, wäre freilih freventlihe Vermeſſenheit geweſen, denn {on famen hie und da Anzeichen aus dem Südoſten Europas, welche darauf hinwieſen, daß die Zeit wohl nicht allzu ferne ſei, wo die „orientaliſche Frage“, dieſes ewig ungelöſte Räthſel, die ganze Kunſt der Diplomaten wieder in Anſpruch nehmen würde. Vielleicht au< ſollte es noh ſ{<limmer kommen, vielleiht follte diesmal das Schwert den gordiſchen Knoten zerſtüken!

YBegs und Rajahs.

Als Theil des alten Fllyricums waren dieſe Provinzen früher von Völkern thrakiſ<hen Stammes bewohnt; wenn unter ihnen Völker ſlaviſchen Stammes und in Verbindung mit ihnen Avaren und Gothen ſaßen, ſo fand dies jedenfalls nur in geringer Anzahl ſtatt. Nicht früher, als in der erſten Hälfte des ſiebenten Fahrhunderts, als, von den Bulgaren gedrängt, die Beeſen oder Booſen aus Untermöſien nah dem heutigen Bosnien wanderten und dort ſi< niederließen, als die aus den Karpathen herabgekommenen Chorwaten die Ufer des Adriatiſchen Meeres einnahmen, erfolgte die Bevölkerung Ramas, Zacholmies und Terbunias durch rein ſlaviſhe Stämme.

Anfangs ſtanden dieſe unter der Obergewalt der byzantiniſhen Kaiſer; nah dem Tode des Kaiſers Heraklius aber wurden ihre Schupane unabhängig ; dieſe Selbſtſtändigkeit jedo<h war weder dauernd noh lange. Jn Folge innerer Unruhen und des Kampfes mit den Griechen kamen ſie bald unter die Herrſchaft der Dalmatiner, bald der Bulgarén unter den bulgariſhen Königen Samuel und Fohannes, bald der Croaten und der Ungarn, ſo daß man im Laufe von drei bis vier Jahrhunderten ihre Geſchichte nur \<wer' verfolgen kann.

Vom elften Fahrhundert „an werden die Nachrichten über dieſe Länder etwas beſtimmter. Von Rama und Zacholmie ſagt man, daß die Bane von Bosuien, als ſie unabhängig wurden, ihre Herrſchaft auh über dieſe Provinzen ausdehnten. So entriß der Ban von Bosnuien, Bariſch, im Fahre 1154 dem Shupan Demi den größten Theil Zacholmies und Terbuniens und vereinigte ihn mit Bosnien. Obgleich nun die Kinder Braniavi's ſih bald wieder von Bosnien losmachten, ſo bemächtigte ſih doch Stefan IŸ. Ban von Bosuien, abermals dieſer

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