Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Softas in's Werk geſeßt. Man ſah auf einmal vor den Fenſtern des Sißzungsſaales, welche die Ausſicht auf den Play der Sofienmoſchee bieten, daſelbſt ungefähr zweitauſend Menſchen verſammelt, welche Einlaß in die Deputirtenkammer verlangten; der Präſident Achmed Vefik Paſcha ließ ihnen ſagen, daß ſie einige Delegirte, wel<he ihre Wünſche der ämmèe vorzutragen gedenken, wählen mögen. Gleich darauf erſhien au< eine Deputation von ſe<s Softas, die von ihren Collegen ausſ{<ließli< deshalb gewählt wurden, weil ſie Alle der Stadt Ardahan angehörten. Dex Sprecher dieſer Deputation verlangte im Namen ſeiner Collegen und der türfiſhen Bevölkerung der Hauptſtadt Aufſchluß, über den Fall der Feſtung Ardahan; alsbald ſprachen auch die übrigen Mitglieder der Deputation, und zwar Alle auf einmal, in Folge deſſen entſtand unbeſchreibliche Verwirrung und man hörte aus dem wüſten Lärm nichts Anderes als : „Nieder mit Redif und Mahmud Damad Paſcha!“ Der Präſident bot ſeine ganze Beredtſamkeit auf, um die erregten Gemüther zu beruhigen, und \{loß die Sißung mit der Verſicherung, daß die Vertreter ihre Pflicht getreulih erfüllen werden.

Obwohl ſi<h die Softas unmittelbar darauf zerſtreuten, ſo hatte doh die Manifeſtation derſelben eine ungewöhnlihe Aufregung in allen Schichten der Bevölkerung zurückgelaſſen; Ahmed

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Vefik Paſcha * begab ſi< na<h Schluß der Sitzung auf die Pforte, um daſelbſt einem außerordentlihem Miniſterrathe beizuwohnen, deſſen Verhandlungs8gegenſtand eben . die Demonſtration der Softas geweſen. Viele tauſend Mohammedaner hatten fi< den bewaffneten Softas angeſchloſſen und zogen na<h dem Palais; ſie’ verlangtén unter Drohungen die Abſetzung. des Miniſteriums, ſo wie die Wiederberufung Midhat Paſas. Der Sultan flüchtete auf die aſiatiſ<hé Seite in ein entlegenes Schloß. Die Garniſon rü>te aus und machte Gebrau<h von der blanken Waffe. Es wurden viele der Demonſtranten verwundet. Kaum hatte ſi<h die Menge zerſtreut, wurde der Belagerungszuſtand verkündet; dies war das Reſultat des ſtattgehabten Miniſterrathes. Gleichzeitig wurde die Entwaffnung aller Bewohner, ‘namentlich | der Soſftas, angeordnet. Man fürchtete, daß bei der Durchführung dieſer Maßregeln es zu einem Blutvergießen kommen könnte. Die Chriſten flüchteten aus der Stadt, viele Europäer ſuchten eine Zuflucht auf den fremden Schiffen. Die Beängſtigung war eine allgemeine. Untér den 2000 verſammelten Softas erſchienen fünf aus Ardahan gebürtige Softas vor der Kammer. Sie ſeßten auseinander, welche Erregung der Verluſt Ardahans verurſachte und verlangten, daß Maßregeln ergriffen würden, weitere Mag: fälle hintanzuhalten.

Anabhängigkeits- und Kriegserklärung Rumäniens.

Die Regierung des Fürſten Karl von Rumänien hatte am 20. Mai die Unabhängi gfeit Rumäniens proclamirt und der Türkei den Krieg erklärt. Dieſe Erklärung machte der langen Beſprechung über die Stellung dieſes Staates ein Ende. Es wurde damit nur die einfache Folgerung aus dem thatſählihen Verhältniſſe gezogen, denn es befand ſi< Rumänien bereits wirfli<h im Kriege mit der Türkei und hatte es die Feſſeln der Oberherrſchaft längſt von ſi<h geworfen. Allerdings leiſtete Rumänien nunmehr auh formell auf die Rechte Verzicht, welhe ihm durch die Verträge eingeräumt worden waren. Am 22. Mai legte die walachiſche Hauptſtadt ihren beſten Shmu> an, um den Großfürſten Nikolaus zu empfangen und den elften Fahrestag der Thronbeſteigung Kar l’2 von Hohenzollern zu begehen. Nach rumäniſher Auffaſſung beſtand fein Vaſallenthum mehr und wollte man auh von den Schußtmächten ni<hts mehr wiſſen. Fn der Kathedrale wurde ein Tedeum zu Ehren des unabhängigen Herrſchers von Rumänien abgehalten.

Am ſelben Taze zeigte ſi< der Herrſher öffentli<h ſeinem Volke auf dem Vorderſitze einés Wagens, deſſen Fond Großfürſt. Nikolaus" einnahm. Großer Empfang im Palaſte, Rundfahrt in den Straßen, Beleuchtung, Feuerwerk,

Gala-Vorſtellung im National-Theater, Zapfen-

ſtreich bei Fa>elglanz, niht endenwollende Hurrahs auf Rußland erfolgten. Großfürſt Nikolaus weilte bis zum anderen, Tage in Bukareſt und reſidirte im Cotroceni. Fürſt Karl von Ruwomit der

mänien- erließ einen Armeebefehl, rumäniſchen Armee bekannt gegeben wurde, daß er, den Oberbefehl übernehmend, ſih an die

Spitze ſeiner Truppen ſtelle. Fürſt Karl hatte anläßli<h der Unabhängigkeitserflärung an den Senat und die Kammern Rumäniens eine Rede gehalten, welche, abgeſehen von der Wichtigkeit des Momentes, dur< Eigenthümlichkeit der Färbung und des Fuhaltes das Jntereſſe erwe>te. Der Redner ſtellte ſeine Perſönlichkeit in den Vordergrund und er hatte das Gefühl ſeiner Miſſion. Ex iſ ein Deutſcher und zum Rumänen geworden, er wurde vom Donau-Urſprung an

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