Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

hafter Angſt, wie alle Aemter unter ruſſiſcher Controle, wie ſelbſt ihre Armee unter ruſſiſ<hem Obercommando vorgehen ſollte. Zu vereinzelt, um von ihren franzöſiſhen Freunden und Brüdern geſhüßt werden zu können, fürchteten ſie das Auſgehen im Slaventhum. Jn Folge der Unabhängigkeits-Kriegserklärung des Fürſten von Rumänien, erließ die Hohe Pforte gegen die Regierung derſelben eine Erklärung. Es war das geharniſchteſte diplomatiſche Actenſtük, welches die ottomaniſhe Regierung bisher vom Stapel gelaſſen. Es beſchuldigte die rumäniſche Regierung, daß ſie ſi< zum unterwürfigen Werkzeuge Rußlands hergegeben und die Verträge offen gebrochen habe, auf welchen die Exiſtenz der Fürſtenthümer beruhe. Rußland nüße die rumäniſhe Unahhängigkeit zum Vortheile ſeiner eigenen Ehrſucht aus, es ſtahle zur Rebellion auf und mache ſih zum Mitſchuldigen der Revolution und der bedenkliſten Principien des Umſturzes, es erſchüttere das politiſhe Gebäude Europas und heuchle denno<h Fürſorge für die Erhaltung des Friedens. Die Pforte erklärt unter Proteſt gegen das Vorgehen Rumäniens und Rußlands, daß, was die „Rebellen“ auh beginnen, die ottomaniſhe Regierung ihr eigenes Recht vertheidigen werde, ſie fordert die Signatarmächte auf, von dieſem Proteſte Kenntniß zu nehmen, das Vorgehen, gegen welches er gerichtet iſt, zu verdammen und demſelben Halt zu gebieten. Das intereſſante Actenſtü> lautete :

„Durch eine frühere Mittheilung hatte die Hohe Pforte ſi< beeilt, den Mächten, welche den Pariſer Vertrag unterzeihnet haben, Anzeige von dem Uebereinkommen zu machen, dur welche die Regierung von Bukareſt den ruſſiſhen Heeren den Einmarſch in die vereinigten Fürſtenthümer und in .das Reich erleichtert hatte. Seitdem haben die moldau-walachiſhen Streitkräfte nicht aufgehört, Handlungen der Feindſeligkeit gegen das Gebiet und die Heere des Reiches auszuühben. Endlich iſt die Hohe Pforte benachrihtigt worden, daß die fürſtlihe Regierung ihre Unabhängigkeit proclamirt und der ſouverainen Macht den Krieg erklärt hat. Die Empörung der vereinigten Fürſtenthümer iſ demnach von jeßt an eine vollzogene Thatſache. Dieſelben Menſchen, welche mit ſ{impfli<her Untreue das Land dem Feinde überliefert und aus dem fürſtlihen Heere ein fne<tiges Werkzeug in den Händen Rußlands gemacht haben, treiben ihre Verwegenheit ſo weit, daß ſie die urſprünglihen Bande, welche die Fürſtenthümer mit dem übrigen Reiche verbinden, zu brechen, und die Vereinbarungen, dur welche ganz Europa die Bedingungen des politiſchen Daſeins der Moldau-Walachei feſtgeſtellt hatte, offen zu verleßen verſuchen.

Europa weiß, wie getreu die Hohe Pforte von jeher die den Fürſtenthümern bewilligten

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Vorrechte geachtet hat, ſelbſt in ihren erregteſten Zeitläuften, und troß der Anmaßung der moldauwalachiſhen Regierung, irrige Begriffe, welche ſie ſich ſeit einiger Zeit über die aus ihren Beziehungen zu dem ſuzerainen Hofe entfließenden Rechte und Pflichten gebildet hatte, als Wahrheiten gelten zu laſſen. Kein Hinderniß iſt der Ausübung berechtigter Freiheiten, den Triebfedern jedes wahren Fortſchrittes, in den Weg geſtellt, keinerlei Schranke iſ der Entwi>lung der Einrihtungen des Landes geſeßt worden.

Leider iſt das Alles ohne Wirkung geblieben, die fürſtlihe Regierung in der Bahn zu erhalten, die ihr die Ehre und die wahren Jntereſſen des Landes vorzeihneten. Die Unabhängigkeit, welhe in dem Augenbli>e proclamirt worden, da die Fürſtenthümer vom Feinde überzogen find, wird weder Europa no< die Moldau-Walachei ſelbſt trügen. Die Geſchichte lehrt zur Genüge, in welher Weiſe Rußland früher oder ſpäter fol<he Unabhängigkeits -Proclamationen ſeinem Ehrgeize nußbar zu machen verſteht. Fndem ſie die Fürſtenthümer zur Empörung antrieb, beſchränkte die ruſſiſhe Regierung fi< niht darauf, den Provinzen, welchen die Verträge während einer langen Reihe von Jahren eine beneidenswerthe Wohlfahrt geſichert hatten, den Untergang vorzubereiten; ſie macht ſi< au< der Hohen Pforte gegenüber zur Mitſchuldigen der Revolution und zur Urheberin der ſ{<limmſten Umſturzprincipien; ſie wirfl ganz Europa den Handſchuh hin, indem ſie daran arbeitet, das Ganze politiſche Gebäude niederzureißen und zu zerſtören, welches von der Zeit geheiligt iſt, erſt vor einigen Fahren zur Aufrechthaltung des allgemeinen Gleichgewichtes anerkannt worden iſt.

Angeſichts ſolher Unredlichkeit erhebt die Hohe Pforte den aus drü>lihſten und kräftigſten Einſpruch, ſowohl gegen den Beſchluß der fürſtlihen Regierung, wie gegen die ehrgeizigen Unternehmungen Rußlands,

‘und verwirft Handlungen und Anſchläge, welche

einen offenen Angriff auf die Verträge und auf die Bedingungen des ſtaatlihen Daſeins der Fürſtenthümer, und der auf die feierli<hſten Verpflihtungen des Fürſten Karl gegen ſeinen Oberlehns8herrn au8machen.

Die Hohe Pforte erklärt, daß ſie, was die aufrühreriſhe Regierung der Moldau-Walachei auh ſagen und thun möge, ihre Rechte unverſehrt zu wahren geſonnen ift, indem ſie ſi< vorbehält, gegen die Fürſtenthümer die Mittel anzuwenden, welche ihr die Sorge für ihre eigenen Fntereſſen und der Verlauf der Ereigniſſe anrathen würden.

Die kaiſerliche Regierung bittet die Mächte, wel<he den Pariſer Frièden unterzeichnet haben, von dieſem Schritte Kenntniß zu nehmen; ſie hofft, daß Europa in ihrem Gedanken dem