Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
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Die Ankunft des ruſſiſchen Kaiſers in Plojeſti.
Jun Braila war von officieller Seite für den Empfang des Czaren weniger geſhehen als auf den anderen Stationen, und doh (vielleicht auch gerade deswegen) geſtaltete ſi< der Empfang zu einer großartigen Kundgebung. Während nämlich in Barboſchi und anderen Haltepunkten die Bahnhöfe geſperrt waren und nur bekannten Perſönlichkeiten der Zutritt geſtattet wurde, hatte in Braila, troy aller Verordnungen, das Publikum den ganzen Bahnhof erobert.
Der Großfürſt-Commandant und die jungen Großfürſten waren dem Kaiſer von Plojeſti entgegengekommen; über 20.000 Mann Truppen, eine gewaltige Volksmaſſe und die ganze Geſellſchaft Brailas ſüllten den Bahnhof und die angrenzenden Straßen. Auf den Dächern, an dem Eiſenbahngeleiſe, auf allen Gebäuden, Waggons, kurz wo nux eine Möglichkeit war, eine Ausſicht zu genießen, ſtanden Tauſende von Zuſchauern in buntem Durcheinander mit ruſſi-
hen Soldaten, die alle ohne Waffen in ihren
weißen Sommerröcken ſtaffelförmig auf beiden Seiten. des Bahnkörpers aufgeſtellt waren. Der Anbli> war wirklih ſeltſam und von einer Originalität, die einem Maler ein willkommenes Thema für ein Gemälde hätte liefern können.
Zimmermann, Geſch. des orient. Krieges.
Der Bahnhof ſelb war rei< beflaggt und mit grünem Laub geſ<hmü>t. Von Ordnung war troydem, daß man Eintrittskarten ausgegeben hatte, keine Spur. — Ein buntes Gewimmel von aufgepußten Damen, Offizieren aller Waffen, Civiliſten im Fra> und allerlei anderem Publikum wogte hin und her, ohne Rang-Ordnung, ohne Aufſicht, wie in einem Ball-Masqué, ſcherzend, lachend, und in der ungezwungenſten Haltung. — Die Großfürſten ſelbſt plauderten leutſelig mit den anweſenden Damen und die Offiziere gaben ſi< alle erdenklihe Mühe, in den Wirrwar etwas Ordnung zu bringen.
Auf einmal ertönt die Signalpfeife, die Muſiker ſpielen, ein Zug kommt angebrauſt ; es iſt nur ein Sicherheitszug, in dem der Miniſter Bratianu und der Oberſt Slaniceanu Play genommen hatten. — Die Muſik ſ{<wieg und nah zehn Minuten, in denen der Miniſter einige Worte mit den Behörden wechſelte, fuhr der Zug wieder ab. — Endlich wurde etwas Ordnung gemacht. Dex Großfürſt Nikolaus ſtellte ſelb die neudecorirten Offiziere und Soldaten in Reih und Glied auf und ließ von Marine-Soldaten ein enges Spalier bilden, in das er aber mit großer Artigkeit eine
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