Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
Diplomaten beſtand aber in einer Thränenfiſtel, die ſi<h am inneren Augenwinkel “des reten Auges gebildet hatte. Aeußerli<h bemerkte man wenig davon, aber man hatte beobachtet, daß der General ſehr häufig genöthigt war, das Taſchentu<h an die Augen zu führen. Man ſagte, daß ſeit Menſchengedenken kein Diplomat in außerordentliher Miſſion ſo viel geſprochen habe als General Fg natieff in Berlin, und mehr als einer ſeiner Zuhörer geſtand nah beendeter Converſation, daß er niht mehr wiſſe, was Alles der General in ihn hineingeredet. Die Gemalin des Botſchafters wurde als eine Dame von
großer Schönheit geſchildert, die ſi< troß der geſchenkt
ſe<8 Kinder, die ſie dem General hatte, ein überaus jugendliches Aeußere bewahrte. Was die Perſönlichkeit Jgnaties betraf, ſo entwarf man von ihm folgendes Bild: „Die Stirn beginnt ſi<h na< rü>wärts ſtark auszudehnen. Sein Wuchs iſt ſtaltlih, aber niht über Mittelgröße, das Geſicht und der Rücken ſind von beträchtlicher Breite.“
Der Aufenthalt des Generals in Berlin war ſehr furz, do< wollte man in diplomatiſchen Kreiſen bereits wiſſen, daß Fürſt Bismar> dem General Fg na-
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ſtark beſuhten Soirée, wo JFgnatieff ſih zwar politiſ< ſehr zugeknöpft zeigte, ſonſt aber die heiterſte Laune entwickelte. Jm Laufe des Abends war der unermüdlihe General no< in den Salons der Fürſtinnen Trubebßkoi und Uruſſoff, welch Leßtere ſeine Couſine iſt, ſihtbar.
Fn Folge eingetroffener Mittheilungen Lord Derb y's reiſte General Fg natieff na<h Londou ab. Die Reiſe des Generals Jgnatieff ſchien daher berufen, Klarheit in die Situation zu bringen. Fn Berlin und in Paris hatte der ehemalige Botſchafter Rußlands am Goldenen Horn die Anſchauungen ſeines Kaiſers zu entwickeln Gelegenheit, und die Haltung der beiden Cabinete, mit deren Chefs er verkehrte, überzeugte ihn wohl davon, daß der Welltheil weder geneigt war, ſeinen Sympathien für die Sache, die Nußland vertrat, deu Frieden zu opfern, noch die Sache dex Chriſten
des Oſtens dem Frieden zuliebe fallen zu laſſen. General Fgnatieff war in der Lage, dem Cabinet von St. James ein Project vorzulegen, das er bereits in Berlin und Paris entwi>elt hatte und das im Weſentlichen die etwas abge\{<wä<hten Conferenzbeſhlüſſe zu verwirklichen beſtimmt war. Jn Berlin und Paris
tieff erklärt habe, A man die LU er ſei bereit, das aiſer Wilhelm I. ie der außeror entinternationale Pro- Boiler Wiel liche Sendbote _des tofoll im Principe Czaren entwi>elt
zu unterzeihnen, das
Fgnatieff als eines der Mittel vorgeſchlagen hatte, die geeignet ſeien, Rußland Genugthuung zu verſchaffen.
Nicht lange darauf war der General in Begleitung ſeiner Gemalin und ſeines Secretärs in Paris eingetroffen. General Fgnatieff ſpeiſte alsbald bei dem Miniſter des Aeußeren, Duc de Decazes. Die fremden Botſchafter hatten aber dieſem Diner aus Etiquette-Rükſichten ni<t beigewohnt, da ſie nämli< na<h der hierarhiſchen Rangordnung vor dem fremden Diplomaten den Vortritt gehabt hätten, während dieſem nah der Natux der Sache der Ehrenplas zur Rechten, dex Gemalin des Miniſters, gebührte. Die Botſchafter erſchienen daher erſt ſpäter auf der ſehr
hatte, gewürdigt zu haben, in London, in Wien, in Rom fkonnte man ſelbſtverſtändlih no< zu keiner Entſcheidung kommen, da die Pläne, die Fgnatieff in Berlin und Paris entwi>elt hatte, noh niht vorlagen. Die ruſſiſhen Vorſchläge konnten indeſſen in London niht auf Annahme zu re<nen haben, wenn ſie ſo beſchaffen waren, daß ſie England zu irgend einer Zwangsmaßregel gegen die Türkei verpflihten. Darauf wollte das Cabinet des Grafen von Beaconsfield nicht eingehen. Es war bereit, der Pforte eine Friſt zur Durchführung der Reformen zu gewähren, es acceptirte den Gedanken, in einem diplomatiſchen Actenſtü>ke fi< und Europa abermals feierli< zu Gunſten der Chriſten des Oſtens zu engagiren,