Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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Mit ſolhen Soldaten kann man in offener Feldſhladt \<on glänzende Erfolge erzielen ; etwas Anderes iſ} es freili< bei wirkli< ſtrategiſchen Operationen, wo die eigentlihe Kriegsfunſt in Frage kommt und mit ihr die Befähigung der Führer und vornehmlih der Höchſtcommandirenden. Fundeß es beſitzt die egyptiſche Armee man tüchtigen und in Europa ausgebildeten General, wie ja au< Prinz Haſſan, der Befehlshaber des egyptiſhen Hilfscorps, mit ſehr gutem Erfolge in Deutſchland gelernt hat.

Jn richtiger Würdigung dieſer zwei Motive machte nun der Khedive alle möglichen Anſtrengungen, um mitzuhelfen an der Vertheidigung des Osmaniſchen Reiches und den Thron Abdul Hamid's gegen deſſen nordiſhen Feind zu ſhüßen. Bald ſtanden ſhon bei 15.000 Mann egyptiſher Soldaten auf den Schlachtgefilden Bulgariens, denen no< fernere ſe<stauſend folgen ſollten, wodur< Prinz Haſſan eine rect reſpectable Armee unter ſeinem Commando hatte. Nebſtbei ließ es Fsmail Paſcha auh nicht an anderen Unterſtüßungen für das Türkiſche Reich fehlen, dem er bald eine bedeutende Anzahl von Waffen, bald wieder große Quantitäten von Munition und Lebensmitteln zur Verfügung ſtellte. Dadur<h hat ſi< aber derſelbe niht nur den Beifall ſeines Souverains und deſſen treuer Völfer, ſondern auh den aller Gläubigen der Welt erworben, und in deren Gebethäuſern, ebenſo au< in den von ihnen geleiteten Blättern wird der Name des Beherrſchers des Nillandes heute nur mit der größten Ehrfurcht genannt, und zugleih mit dem Beifügen des Wunſches, daß deſſen Träger no< zum Ruhme gelangen möge. Es war daher zu hoffen, daß dieſe herzlichen Beziehungen no< lange fortdauern würden, und dies ſowohl im Futereſſe des Osmaniſchen, als au<h in dem des zukünftigen großegyptiſhen Reiches ſelbſt.

Uebrigens war HaſſanPa ſcha, der Sohn des Khedive, durch allerlei Anſprachen in Conſtantinopel, tro ‘des Ehrenſäbels, welhen ihm der Sultan verehrte, ſtark verletzt. Er hatte in Berlin ſeine - militäriſhe Ausbildung erhalten, man hatte ihn dort gern gehabt und ihn vor Allem ſtets wie einen Prinzen aus einem regierenden Hauſe behandelt. Am Hofe ſeines Vaters hatte er ſelbſtverſtändli<h irgend eine Macht, die über ſeinem Vater ſteht, nicht gekannt; der Hochmuth der im Augenbli>e am Ruder befindli<hen Genofſſenſhaft der Stambuler Effendis mochte ihn deshalb doppelt verlegen. Ein Umſtand beſonders ſchien Oel in's Feuer gegoſſen zu haben. Auch anderswo mag es vorkommen, daß Prinzen von der Anſicht ausgehen, eine gütige Fee habe ihnen bei ihrer Geburt die Feldherrngabe als Pathengeſchenk in die Wiege gelegt. Haſſan Paſcha war ſi< außerdem ſeiner tüchtigen militäriſchen

Erziehung in der preußiſhen Armee bewußt und fonnte ſomit für die unfähigen türkiſhen Generale wenig Achtung hegen. Uebrigens ſtellten unbefangene Urtheile dem egyptiſhen Contingent das Zeugniß aus, daß es ſi< dur< ſtramme militäriſhe Haltung und überhaupt dur< militäriſhe Tüchtigkeit aus der Maſſe der türfiſhen Truppen unendli<h heraushebe.

Die militäriſhe Ehre des Oberbefehls war dem Prinzen Haſſan eben ſeiner gründlichen militäriſhen Ausbildung wegen zu Theil geworden, troßdem er der jüngſte der drei Söhne des Khedive iſt. Die beiden älteren Brüder des Prinzen ſind Tewi>k und Huſſein. Feder von den Dreien hat übrigens in intimen Kreiſen — und ſogar ziemli<h weit über dieſelben hinaus ſeinen Beinamen. Der älteſte, Tewi>, heißt „der Fellah“ (Landbauer), Huſſein heißt „der Pariſer“ und Prinz Haſſan heißt „der Preuße“. Der älteſte, nämlih der Erbprinz, kennt keine fremde Sprache und ſpriht nur arabiſch. Prinz Huſſein iſ in Paris erzogen worden und ſpricht fertig engliſch und franzöſiſch, er iſt ein beſonderer Pferdeliebhaber und Kenner. Er ſtimmt übrigens niht immer mit ſeinem älteren Bruder, dem „Fellah“, ebenſowenig wie mit ſeinem jüngeren, Haſſan „dem Preußen“, der durhaus deutſche Anſchauungen und Neigungen von Berlin nah ſeiner egyptiſhen Heimat mitgebracht hat, überein.

Prinz Haſſan ſ<loß ſi<, na< ſeiner Anfunft auf dem Kriegsſhauplabe, den türkiſchen Generalen Stre>er und Blum Paſcha an.

Ganz gegen alle Erwartung der Feinde des Osmaniſchen Reiches, die beim Ausbruche des türkiſh-ruſſiſhen Krieges nichts Geringeres erhofften, als daß der Khedive dieſe günſtige Gelegenheit dazu benüßen werde, um das ihm angebli<h verhaßte türkiſ<he Joh abzuſchütteln und ſi<h dann zum unabhängigen Beherrſcher Egyptens und ſeiner Nebenländer ausrufen zu laſſen, fuhr derſelbe treu und redli< fort, ſeine Pflichten gegen feinen Oberlehensherrn gemäß der zwiſchen Beiden diesbezüglih ſtehenden Feſtſetzungen zu erfüllen, und ſo Europa zu zeigen, daß er, weit entfernt davon, daran zu denken, aus einer etwaigen Verdrängung der Osmanlis aus dieſem Welttheile Nuten zu ziehen, vielmehr in dem unberührten Fortbeſtehen des gegenwärtigen D8maniſhen Reiches die beſte Gewähr für das Gedeihen ſeiner eigenen Staaten und die Dauer ſeiner no< jungen Dynaſtie ‘erbli>t, und daher bereit iſt, die Feinde dieſes Reiches auh als die ſeinigen zu betra<hten. Dieſe Pflichten, welche Egypten große Opfer an Blut und Gut koſten mußten, erfüllt J8mail Paſcha noh dazu in einer Zeit, die ſehr ernſt für ihn war; denn no< wurde kein beſtimmter Friede mit Abyſſinien ge{lo}ſen, no< war der im eben vergangenen