Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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in herzlihſter Weiſe ein, mit dem vorlieb zu nehmen, was ſcin Haus uns bieten könne.

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Auſ dem von der Kula Kol Nikajs beherrſchten Plateau fiel uns auf, daß alle paar Schritte an den Bäumen coder an den Pfoſten des Hauſes oder den Sialßungen ſ{ußbereite Karabiner hingen — ein höchſt kriegeriſcher Anbli>. Wie man uns dann erzählte, lebte Kol Nikaj mit mehreren Familien aus dem benachbarten Orte Kulomoria in Blutrache, weil er vor wenigen Tagen drei Mitglieder dieſer Familie, erſchoſſen hatte. Er mußte nun damit re<hnen, daß ihm jeden Augenbli> eine Kugel um die Ohren pfeifen oder ihn gar treffen werde, denn die zahlreichen hinterbliebenen Angehörigen der Erſchoſſenen waren nicht nur verpflichict, ihn bei erſtbeſter Gelegenheit zu erſchießen, ſondern es trieb ſie aller Vorausſicht nah auh ſtarker perſönlth:r Haß dazu, dieſes Rachebediürfnis baldtunlihſt zu bez friedigen.

So waren wir denn urplößlih in den Bannkreis

jener Inſtitution mitgezogen, die neben der Gaſtfreund- ſchaft dem Leben des albaneſiſchen Hochländers am aus=- |

giebigſten ihren Charakter aufprägt: das Geſet der

Blutrache. Natürlih intereſſierten wir uns außer=- |

ordentli<h für die näheren Umſtände des Falles, der unſeren Hausherrn zu ſo ausgiebigen Vorſicht8maßregeln nötigte, als wir ſie hier zu beachten Gelegenheit hatten, und da erzählte uns Kol Nikaj folgendes:

Sein Bruder war Giobar des Stammes und als ſoler beauftragt worden, einen Miſſetäter aus Kulomoria nah Recht und Geſeß der verdienten Beſtrafung für einen begangenen Viehraub zuzuführen. ‘Im Bewußtſein ſeiner Unverleßlichkeit als „Amtsperſon“ und Bevollmächtigter des Stammes war er na< Kulomoria hinaufgeritten, um

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