Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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Vielfah kommt es auh vor, daß ſi< ein der Blut- rache Verfallener auf Lebzeiten in ſein befeſtigtes Wohnhaus, in ſeine Kula, zurü>zieht und ſeinen Verfolgern trogi. Jn ſolchen Fällen haben die nach albaneſiſ>er Anſchauung unverleßbaren Mitglieder der Familie alle Arbeiten zu verrichten, ſogar allein die Felder zu beſtellen und die Bazareinkäufe in der Stadt zu beſorgen. Wagt ſich in Kthela, ſo erzählt Baron Nopcza, ein Dſchakſur das eine- oder anderemal aus ſeiner Kula, ſo geſchieht dies nur auf Shleihwegen oder in zahlreicher Begleitung: „Derzeit ſtellen z. B. in Rſcheni einem gewiſſen B. infolge des Benehmens ſeiner Brüder drei Nachbarfamilien na<, um Blutrache zu nehmen. Er iſt, wie man ſagt, in dreifahem Blute, und als i< einmal ſeine gaſtfreundliche Kula verließ und er mich bei dieſer Gelegenheit ein wenig begleiten wollte, da war ihm dies nur in Vegleitung von fünf Bewaffneten möglich. Auch bei dieſem Spaziergange wurde dann, wie bei einem Kriegszuge, mit allergrößter Vorſiht zu Werke gegangen. Eine Begegnung mit einem von B.’3 Gegnern hätte wahrſtheinlih ein wenig erbaulihes Ende gefunden. Ganz paradox ſchien es mir, daß B. es trozdem nicht unterlaſſen konnte, guter Laune zu ſein und Wie zu machen, ja | ſih ſcheinbar ſogar an dieſes Leben gewöhnt hatte.“ F

Daß die Gaſtfreundſchaft in Albanien ſo hoh gehalten wird, daß ſie ſogar die Blutrache aufhebt, habe ih bereits erwähnt und an einigen Beiſpielen illuſtriert; ebenſo habe ih darauf hingewieſen, daß unter dem Schußte der Gaſtfreundſchaft ſih ſogar ein Mörder im Hauſe des Rächers frei und ungehindert be= wegen kann. So nahm Steinmetz an einer Beratung imGebiete der Nikaj teil, zu der die Angeſehenſten des Ortes geladen waren: „Ein intereſſanter Gaſt war ein Mann, der ¡n’dschak“, „in Blutrache‘, war und ſich infolgedeſſen unter dem Schuße eines Freundes einfand. Kurz