Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
998 Eine Epiſode aus der Chronik der Stadt Bingen.
Fäßchen des edelſten Scharlachbergers, der im Zehntenkeller der Burg lagerte, zu bringen, und der feuxige Wein mundete ihnen fo, daß fie darüber gar nicht bemerkten, wie die Zeit verfloß. Endlich beſann ſi abex doch Cinex darauf, daß der geiſtliche Herr längere Zeit zu ſeinem Anzug brauchte, als das eitelſte Mädchen, das ſih zum Tanz ſ{<hmü>t; er trat heran und verſuchte die Thüre des S<hlafgemache2 zu öffnen, dieſelbe widerſtand dem Dru> ſeiner Hand, und es ſtellte ſich heraus, daß ſie vou innen verriegelt war. Dieſe Entde>ung ernüchterte ſ{<nell die weinſeligen Geſellen, ein paar der ſtärkſten ſtemmten die Schultern gegen die Thüre, und endlich gelang es ihren Anſtrengungen, ſie zu ſprengen. Ein Ausruf des Schre>&ens entfloh den Lippen Allex, als ſie bemerkten, daß das Zimmer leer war. Das geöffnete Fenſter zeigte ihnen deutlich den Weg, auf dem der Don= probſt die Freiheit geſucht. Die ſchwarze Tiefe, welche denen, die an das Fenſter eilten und na< dem Burggraben hinab ſpähten, entgegen gähnte, ließ ſie glauben, daß Der Domprobſt nimmer mit unzerſhmetterten Gliedern dort unten angelangt ſein könne. Bleich vor Entſehen ſtürzten ſie hinaus, na< dem Verunglü>ten zu ſuchen, denn ſie wußten, daß ſein Tod ihnen theuer zu ſtehen fommen wiirde, und ſahen ſih ſhon von Bann und Jnterdikt bedroht.
Graben, Felſen und Geſtrüpp wurde in wilder Haſt mit Fa>eln durchſucht, aber von dem Falkenberger war feine Spux zu entde>en, nur ein paar an Dornen hängen gebliebene Fehen ſeines Mantels zeigten den Weg, den er genommen,