Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
12 Der Talisman des Weibes.
geſehen, die Hand. „Wie einem Kinde, dem man ſeine Thorheit vergeben hat, ohne nah ſeiner Rechtfertigung zu fragen,“ dachte Jrma und wehrte mit Mühe den auf= ſteigenden Thränen.
„JG Habe drüben einen Brief von meiner Tante Käthe vorgefunden,“ fagte Meiſchi> ablenkend, „Du weißt ja, die gute alte Stiftsdame in Droſſen. Sie läßt Dich grüßen und fragt an, ob wix ein liebes, verwaiëtes Mädchen in unſer Haus nehmen wollen.“
Eine brennende Nöthe des Schreens überflog ihr rei= gendes Geſicht, aber ſie wagte feinen Willen zu äußern.
„Nun?“ forſchte er ſcherzend, ihre Hand von dem Tellerrand fortziehend. „Da hätteſt Du doh Jemand, der Dir geduldig zuhörte, wenn Sittlingens Reize Dich itberwältigen! Wie ſtehts, ſoll ih ſie kommen ſaſſen? Du biſt wirk= li no< ein troßiges Kind!“ ſagte er gulebt, fie an ſich ziehend. „So ſage doh Deine Meinung !“
„Sh habe keine — Kinder haben feine Meinung,“ ſlüſterte ſie mit dem ſonderbarſten Gemiſch von Furcht und Stolz.
Er ſah ſie erſtaunt au, dann lachte er wie über einen guten Einfall. „Und doch biſt Du meine Frau, das darfſt Du nicht vergeſſen !“
Süße Erinnerungen drangen auf ſie ein. Jhre Bruſt hob ſi gegen ihren Willen ſchneller, und es ſtrömte ihr heiß zum Herzen. Er mußte ſie lieben heute noh tvie damals. „Hans,“ rief ſie mit bebender Stimme und [<hmiegte ſi feſter an ſeine Bruſt, „Du allein vergißt es immer, i< nie! O niel Wenn ih es auch nicht werth